Norm: VSG 4.2 Anhang 1

Beschreibung

SVLFG - VSG 4.2 - Gartenbau, Obstbau und Parkanlagen -

Anhang 1 - SKT (A + B) - Sicherheitsregeln für die Durchführung von seilunterstützten Arbeitsverfahren in der Baumkrone

1 Zweck

Diese Sicherheitsregeln erläutern die VSG 4.2 der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) bezüglich der erforderlichen Maßnahmen der Kletter- und Sicherungstechniken beim Besteigen und Arbeiten in Bäumen.

Die seilunterstützten Arbeitsverfahren dienen zum Besteigen von Bäumen im Stamm- und Kronenbereich und zur Personensicherung während der Arbeit dort, wo

  • Hubarbeitsbühnen,
  • Arbeitsbühnen oder -körbe

nicht geeignet eingesetzt werden können.

Die Seilklettertechnik stellt eine etablierte Alternative zu derzeitigen Standardarbeitsverfahren bei der Durchführung von gefährlichen Baumarbeiten dar. Grundlage hierfür ist eine schriftliche einsatzortbezogene Gefährdungsbeurteilung.

2 Anforderungen an Personen

Versicherte dürfen mit seilunterstützten Arbeitsverfahren nur beschäftigt werden, wenn sie gem. VSG 4.2 § 2 tauglich und fachkundig sind.

  • Fachkundig ist derjenige, der an einer Fortbildung entsprechend der Fortbildungsinhalte (siehe VSG 4.2 Anhang 2) erfolgreich teilgenommen hat und einen Nachweis führen kann.
  • Eine anerkannte und erfolgreich abgeschlossene Fortbildung in diesem Arbeitsverfahren, auch unter Verwendung motorisch angetriebener Baumpflegegeräte, sowie in Rettungsmaßnahmen muss nachgewiesen werden.
  • Bezüglich der gesundheitlichen Eignung muss ein Facharzt für Arbeitsmedizin oder Arzt mit der Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin bescheinigen, dass gegen den Einsatz dieser Versicherten, insbesondere bei seilunterstützten Arbeitsverfahren auch unter Verwendung motorisch angetriebener Baumpflegegeräte, keine Bedenken bestehen. Auf die SVLFG-Broschüre B45 „Arbeitsmedizinische Vorsorge und Eignungsuntersuchung“ wird verwiesen.
  • Es ist eine Mischtätigkeit anzustreben.

3 Leitung und Aufsicht

Der Unternehmer hat vor Beginn der Arbeiten eine allgemeine arbeitsplatzbezogene Gefährdungsbeurteilung und die entsprechenden Betriebsanweisungen zu erstellen und die Versicherten zu unterweisen.

Durch eine Beurteilung des Baumes (Baumsicherheitsbeurteilung) sollen mögliche Gefahren und Risiken rechtzeitig erkannt werden.

Besondere Gefährdungen bestehen z. B. im öffentlichen Verkehrsbereich und in der Nähe von Hochspannungsleitungen.
In einer schriftlichen Betriebsanweisung müssen alle Maßnahmen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes festgelegt werden. Die Betriebsanweisung ist am Arbeitsplatz vorzuhalten.

Jeder Arbeitseinsatz ist von einem Fachkundigen gemäß VSG 4.2 § 3 Abs. 1 zu leiten und zu beaufsichtigen.

Zur Sicherstellung geeigneter Rettungsmaßnahmen aus der Höhe und zur Gewährleistung der Ersten Hilfe sind seilunterstützte Arbeitsverfahren in der Baumkrone mindestens von zwei Personen auszuführen, die

a) über einen Nachweis einer erfolgreichen Fortbildung in seilunterstützten Arbeitsverfahren (Teilnahmebescheinigung mit Erfolg) verfügen,
b) vollständig mit einer Ausrüstung zur Durchführung seilunterstützter Arbeitsverfahren ausgestattet sind,
c) aus- und fortgebildete Ersthelfer sind,
d) über regelmäßige, mindestens einmal jährliche Rettungsübungen mit schriftlichem Nachweis verfügen und
e) sich am Einsatzort in Ruf- und Sichtweite befinden.

4 Körperschutz

Der Unternehmer hat eine geeignete persönliche Schutzausrüstung gemäß § 14 VSG 1.1 zur Verfügung zu stellen.
Die Versicherten haben diese persönliche Schutzausrüstung zu benutzen, dazu gehört z. B.:

  • Gehörschutz,
  • Schutzkleidung für die Benutzer von handgeführten Kettensägen,
  • Schutzhelm,
  • Schutzhandschuhe,
  • Gesichtsschutz,
  • Sicherheitsschuhe mit Schnittschutz.

Auf Abschnitt 5 „Verzeichnis der Normen zu § 14“ der Hinweise zu VSG 1.1 wird verwiesen.

5 Ausrüstung für die Seilklettertechnik

Die gesamte sicherheitstechnische Ausrüstung muss entsprechend genormt und zertifiziert sein:

Die vorgenannte Ausrüstung ist bestimmungsgemäß einzusetzen.

6 Rettung und Erste Hilfe

  1. Rettungsmaßnahmen sind vor Beginn der Arbeit festzulegen.
  2. Zur Rettung des Kletterers muss mindestens ein zweiter ausgebildeter SKT- Kletterer mit Ausrüstung gem. Punkt 5 (inklusive eines zum Durchtrennen geeigneten Werkzeuges) vor Ort sein.
  3. Im Vorfeld des Einsatzes ist sicherzustellen, dass der Rettende über das notwendige Fortbildungsniveau verfügt, um dem Verunfallten aus dessen Position retten zu können.
  4. Für eine wirksame Erste Hilfe muss ein Verbandkasten nach DIN 13169 an der Arbeitsstelle vorhanden sein.
  5. Rettungsübungen sind regelmäßig, mindestens jährlich durchzuführen. Ein schriftlicher Nachweis ist erforderlich.

7 Seilunterstützte Arbeiten

Anlegeleiter

Die Benutzung muss gemäß VSG 2.3 erfolgen. Wenn Leitern als Aufstiegshilfen benutzt werden, hat sich der Kletterer vor dem Übersteigen in den Baum an einem geeigneten Anschlagpunkt im Baum zu sichern. Beim Arbeiten von der Leiter aus ist ebenfalls eine Sicherung an einem geeigneten Anschlagpunkt vorzunehmen.

Steigeisen

Steigeisen dienen z. B. als Kletterhilfe zum Überwinden astfreier Stammpartien.

Sicherung

  • Beim Auf- oder Absteigen hat eine ständige Sicherung an einem geeigneten Anschlagpunkt im Baum zu erfolgen.
  • Der Versicherte muss gewährleisten, dass er ständig am Stamm oder in der Baumkrone mit mindestens einem Seil gesichert ist.
  • Die Sicherung muss unter Vermeidung von Schlaffseil an einem ausreichend belastbaren Anschlagpunkt erfolgen, d. h., dass das Seil z. B. um den Stamm oder einen anderen ausreichend belastbaren Baumteil geführt wird.
  • Vor dem Lösen eines Verbindungsmittels, z. B. beim Wechseln des Anschlagpunktes, hat der Versicherte das zweite Sicherheitsseil anzuschlagen und die sichere Befestigung zu überprüfen, d. h. das sichere Einrasten des Karabiners.
  • Beim Wechsel von Absturzsicherungen ist die letzte Sicherung so lange aufrecht zu erhalten, bis die nachfolgende Sicherung unter Last gebracht und auf Funktion überprüft worden ist (Systemwechsel).
  • Es ist zu überprüfen, dass sich das Sicherheitsseil nicht ungewollt lösen kann.
  • Die Verbindungselemente, wie z. B. Seilkürzer, müssen selbstblockierend wirken.
  • Der Anschlagpunkt darf nicht überstiegen werden, eine straffe Seilführung ist zu gewährleisten.
  • Bei Gefahr von Pendelstürzen hat eine zusätzliche Sicherung zu erfolgen.

8 Werkzeug- und Geräteeinsatz

Die zum Einsatz kommenden Werkzeuge und Geräte sind nach sicherheitstechnischen, ergonomischen und arbeitsspezifischen Gesichtspunkten auszuwählen.

Vor Arbeitsbeginn und vor jedem Werkzeug- und Geräteeinsatz ist eine sichere Arbeitsposition einzunehmen, d. h., ungewollte Lageveränderungen sind durch sachgerechtes Positionieren zu verhindern.

Wenn die Gefahr der Seildurchtrennung besteht, hat eine doppelte Sicherung zu erfolgen.

Es müssen gegebenenfalls Sicherheitsseile mit durchtrennhemmender Wirkung verwendet werden.

Halteseile von Arbeitsgeräten müssen Sollbruchstellen aufweisen.

Beim Einsatz von geeigneten motorisch angetriebenen Baumpflegegeräten muss mindestens ein Seil mit durchtrennhemmender Wirkung (z. B. Kurzsicherung nach DIN EN 358 mit Stahleinlage) verwendet werden.

Arbeitsmittel und PSA gegen Absturz (PSAgA) sind gemäß der Herstellerinformation bestimmungsgemäß zu verwenden.

9 Arbeitseinsatz

Arbeitseinsätze sind vor Beginn zu besprechen und die erforderlichen Maßnahmen zu koordinieren.

Der Versicherte soll unbeschadet der nach dem Arbeitszeitgesetz einzuhaltenden Ruhepausen, nach zwei Stunden Arbeitszeit 15 Minuten und nach weiteren zwei Stunden Arbeitszeit 30 Minuten Regenerationszeit, einlegen.

Der Beginn dieser Regenerationszeiten kann nur im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer im Einzelfall angemessen nach vorne oder hinten verschoben werden.

Nach sechs Stunden Arbeitszeit ist die seilunterstützte Tätigkeit im stehenden Baum zu beenden. Bei den Stundenangaben handelt es sich um reine Arbeitszeiten im stehenden Baum.

Eine Beurteilung der Arbeitsbedingungen (einsatzortbezogene Gefährdungsbeurteilung) ist durchzuführen, zu dokumentieren und archivieren.

Die Gefährdungsbeurteilung beinhaltet z. B.:

  • Auswahl des Arbeitsverfahrens,
  • Bruch- und Standsicherheit des zu beschneidenden Baumes,
  • Baustellenabsicherung,
  • Geräteeinsatz,
  • Fallbereich von Ästen und Stammteilen,
  • Besonderheiten der örtlichen Gegebenheiten,
  • Signale.

Besondere Gefährdung besteht z. B. in Verkehrsbereichen und in der Nähe von Hochspannungsleitungen.
Bei Arbeiten in der Nähe elektrischer Freileitungen sind folgende Schutzabstände einzuhalten:

Tabelle Schutzabstände ToDo [siehe oben Dokumente S.14] (https://www.sachkunde24.de/de/medium/norm/dokument/16/download/)

Auf § 4 VSG 1.4 und die DGUV I 203-033 „Ausästarbeiten in der Nähe elektrischer Freileitungen“ wird verwiesen. Bei gefahrbringenden Witterungseinflüssen dürfen Bäume nicht bestiegen werden (VSG 4.2 § 3 Abs. 2).

10 Aufbewahrung, Wartung, Materialkontrolle

Alle Ausrüstungen und Körperschutzmittel sind in geeigneter Weise zu lagern, sorgfältig zu transportieren und zu verwahren.

Vor und während jedem Einsatz ist die Ausrüstung einschließlich der einzusetzenden Geräte und Maschinen vom Anwender oder von einem Sachkundigen auf einwandfreien Zustand und Funktionsfähigkeit zu prüfen. Ausrüstungen sind während und nach jedem Einsatz auf Beschädigung bzw. auf die Wieder-/Weiterverwendbarkeit zu überprüfen.

Darüber hinaus hat der Unternehmer die Ausrüstung für Seilklettertechnik entsprechend der Einsatzbedingungen und den betrieblichen Verhältnissen nach Bedarf, mindestens jedoch einmal jährlich auf ihren einwandfreien Zustand durch einen
Sachkundigen prüfen zu lassen. Ein Nachweis ist zu führen.

Defekte Ausrüstung oder schadhafte Teile sind sofort instand zu setzen oder auszutauschen, gegebenenfalls der Benutzung zu entziehen. Nur mängelfreie Ausrüstungen dürfen benutzt werden.