Norm: TRBS 1111

Beschreibung

TRBS 1111
Gefährdungsbeurteilung und sicherheitstechnische Bewertung

Diese BAuA - Technische Regel der Betriebssicherheit (TRBS) 1111 konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und beschreibt die Vorgehensweise zur Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen sowie zur Ableitung der notwendigen Maßnahmen für

  • die Bereitstellung von Arbeitsmitteln,
  • die Benutzung von Arbeitsmitteln und
  • das Betreiben überwachungsbedürftiger Anlagen.

Verantwortlichkeit

Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist der Arbeitgeber, für die Durchführung der sicherheitstechnischen Bewertung ist der Betreiber verantwortlich. Sie können sich fachkundig beraten lassen (z. B. durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte). Dies wird dem Arbeitgeber oder Betreiber empfohlen, sofern er nicht selbst über die erforderlichen Kenntnisse verfügt.
Quelle: Auszug aus TRBS 1111

Inhaltsverzeichnis

1. Anwendungsbereich und Zielsetzung
2. Begriffsbestimmungen
3. Verantwortung für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
4. Grundsätze zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
5. Durchführung der Gefährdungsbeurteilung
6. Literatur

Anhang 1: Empfehlungen gemäß BetrSichV § 21 Absatz 6 Nummer 2 für die Berücksichtigung psychischer Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung
Anhang 2: Empfehlungen gemäß BetrSichV § 21 Absatz 6 Nummer 2 für die Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung anhand von ausgewählten Beispielen

1. Anwendungsbereich und Zielsetzung

(1) Diese Technische Regel soll den Arbeitgeber im Hinblick auf die Vorgehensweise bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung nach Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) unterstützen. Ziel der Gefährdungsbeurteilung ist es, die auftretenden Gefährdungen der Beschäftigten bei der Verwendung von Arbeitsmitteln zu beurteilen und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten. Dabei muss die Sicherheit der Beschäftigten auch im Gefahrenbereich des Arbeitsmittels gewährleistet werden. Hinsichtlich der überwachungsbedürftigen Anlagen im Sinne BetrSichV § 2 Absatz 13 muss die Gefährdungsbeurteilung auch den Schutz anderer Personen im Gefahrenbereich (z. B. Besucher, Kunden, Patienten) berücksichtigen.

(2) Bei den in den Anhängen 1 und 2 genannten Empfehlungen

  • für die Berücksichtigung psychischer Belastungen in der Gefährdungsbeurteilung (Anhang 1) und
  • für die Dokumentation der Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung anhand von ausgewählten Beispielen (Anhang 2)

handelt es sich um Empfehlungen gemäß BetrSichV § 21 Absatz 6 Nummer 2, die, im Gegensatz zu den in BetrSichV § 21 Absatz 6 Nummer 1 genannten Regeln und Erkenntnissen, keine Vermutungswirkung entfalten (vgl. BetrSichV § 4 Absatz 3 Satz 2).

2. Begriffsbestimmungen

(1) Gefährdungsbeurteilung
im Sinne dieser TRBS ist die systematische Ermittlung und Bewertung von Gefährdung der Beschäftigten, die nach fachkundiger Einschätzung und vorliegender Erfahrung des Arbeitgebers bei der Verwendung von
Arbeitsmitteln auftreten und berücksichtigt werden müssen. Bei überwachungsbedürftigen Anlagen sind dabei auch andere Personen im Gefahrenbereich zu berücksichtigen. Die Gefährdungsbeurteilung dient dem Ziel, die notwendigen und geeigneten Schutzmaßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz festzulegen. Dabei sind auch vorhersehbare Betriebsstörungen und Notfallsituationen zu berücksichtigen.

(2) Gefährdung
ist die Möglichkeit eines Gesundheitsschadens oder einer gesundheitlichen Beeinträchtigung ohne bestimmte Anforderungen an deren Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit.

(3) Gefährdungsfaktoren
ist ein Sammelbegriff für Gefährdungen, die durch gleichartige oder ähnliche Wirkungsweisen gekennzeichnet sind.

(4) Arbeitsgegenstände
im Sinne dieser TRBS sind die im Zuge des Arbeitsablaufs unter Verwendung von Arbeitsmitteln transportierten, be- oder verarbeiteten Objekte.

(5) Bestimmungsgemäße Verwendung eines Arbeitsmittels
im Sinne dieser TRBS ist die Verwendung, die nach den Angaben des Herstellers festgelegt ist. Die vom Hersteller vorgesehenen Schutzmaßnahmen sind auf die bestimmungsgemäße Verwendung des Arbeitsmittels ausgerichtet. Als bestimmungsgemäße Verwendung eines Arbeitsmittels im Sinne dieser TRBS gilt auch der Betrieb von Anlagen, die der Arbeitgeber in eigener Verantwortung errichtet und für die er im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung Schutzmaßnahmen festgelegt hat.

(6) Die vom Arbeitgeber vorgesehene Verwendung eines Arbeitsmittels
im Sinne dieser TRBS ist die Verwendung, die vom Arbeitgeber unter Berücksichtigung der betrieblichen Einsatzbedingungen und der Art der auszuführenden Arbeiten festgelegt wird. Sie kann von der bestimmungsgemäßen Verwendung abweichen. Die Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers sind auf die vorgesehene Verwendung ausgerichtet.

(7) Besondere Betriebszustände im Sinne dieser TRBS sind Phasen der Verwendung von Arbeitsmitteln, bei denen die am Normalbetrieb orientierten Schutzmaßnahmen keine ausreichende Wirksamkeit entfalten oder außer Kraft gesetzt werden müssen.

(8) Schutzkonzept ist die Verknüpfung der technischen, organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen zur sicheren Verwendung eines Arbeitsmittels, um das in der BetrSichV geforderte Sicherheitsniveau zu erreichen.

3. Verantwortung für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

(1) Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung einschließlich der Dokumentation ist der Arbeitgeber im Rahmen seiner betrieblichen Organisation verantwortlich (BetrSichV § 3 Absatz 1 Satz 1). Er kann ihm obliegende Aufgaben entsprechend ArbSchG § 13 Absatz 2 schriftlich übertragen. Nähere Angaben für die Zusammenarbeit mit anderen Arbeitgebern sind in Abschnitt 5.5.5 enthalten.

(2) Der Arbeitgeber hat nach BetrSichV § 4 Absatz 6 die Belange des Arbeitsschutzes in Bezug auf die Verwendung von Arbeitsmitteln angemessen in seine betriebliche Organisation einzubinden und hierfür die erforderlichen personellen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen. Insbesondere hat er dafür zu sorgen, dass bei der Gestaltung der Arbeitsorganisation, des Arbeitsverfahrens und des Arbeitsplatzes sowie bei der Auswahl und beim zur Verfügung stellen der Arbeitsmittel alle mit der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten zusammenhängenden Faktoren, einschließlich der psychischen, ausreichend berücksichtigt werden.

(3) Die Gefährdungsbeurteilung darf nur von fachkundigen Personen nach BetrSichV § 2 Absatz 5 durchgeführt werden. Verfügt der Arbeitgeber nicht selbst über die entsprechenden Kenntnisse, so hat er sich durch eine oder mehrere Personen fachkundig beraten zu lassen (BetrSichV § 3 Absatz 3 Satz 4). Die Fachkunde setzt auch Kenntnisse der betrieblichen Gegebenheiten voraus, z. B. Erfahrungswissen von Beschäftigten.

(4) Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass auftretende Gefährdungen erkannt und angemessen berücksichtigt werden. Er hat dafür zu sorgen, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen während der gesamten Verwendungsdauer des Arbeitsmittels wirksam sind, die Wirksamkeit überprüft wird (BetrSichV § 4 Absatz 5 Satz 1), die Schutzmaßnahmen erforderlichenfalls an geänderte Gegebenheiten angepasst und bedarfsgerecht dokumentiert werden (BetrSichV § 3 Absatz 8). Zu den Vorkehrungen, die der Arbeitgeber diesbezüglich treffen muss, gehören z. B.

  • Verantwortliche festlegen,
  • Koordination mit anderen Arbeitgebern (sofern erforderlich, siehe BetrSichV § 13),
  • Abläufe planen,
  • Schutzmaßnahmen festlegen,
  • Qualifikation der Beschäftigten sicherstellen,
  • Anweisungen erteilen und Beschäftigte unterweisen,
  • Informations- und Meldepflichten festlegen,
  • sich nach BetrSichV § 3 Absatz 7 Nummer 3 BetrSichV von der Wirksamkeit der Maßnahmen überzeugen,
  • sicherstellen, dass die Beschäftigten ihren Mitwirkungspflichten nachkommen
    können,
  • Kontrollpflichten gestalten.

4. Grundsätze zur Vorgehensweise bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

4.1 Erstellung und Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung

(1) Die Gefährdungsbeurteilung soll bereits vor der Auswahl und der Beschaffung von Arbeitsmitteln begonnen werden (BetrSichV § 3 Absatz 3 Satz 1), da deren grundlegende Eigenschaften durch nachträglich getroffene Schutzmaßnahmen nur
eingeschränkt beeinflusst werden können. Weiterhin kann bei nachträglich getroffenen Schutzmaßnahmen eine nachteilige Auswirkung auf die Gebrauchstauglichkeit nicht immer ausgeschlossen werden, was z. B. zu erschwerter Handhabbarkeit und zu Manipulationsanreizen führen kann. Weitergehende Informationen enthält die Empfehlung für Betriebssicherheit EmpfBS 1113 Beschaffung von Arbeitsmitteln.

(2) Die Gefährdungsbeurteilung ist vor der erstmaligen Verwendung eines Arbeitsmittels durchzuführen und zu dokumentieren (BetrSichV § 3 Absatz 8).

(3) Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen (BetrSichV § 3 Absatz 7). Dabei ist der Stand der Technik in Bezug auf die sichere Verwendung des Arbeitsmittels zu berücksichtigen. Soweit erforderlich sind die Schutzmaßnahmen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln anzupassen. Für die Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung sind keine Zeitintervalle vorgegeben, der Arbeitgeber legt diese jeweils eigenverantwortlich fest. Konkrete Anlässe für eine Überprüfung können z. B.

  • sicherheitsrelevante Hinweise von Beschäftigten,
  • Sachschäden,
  • Störungen,
  • Änderung von Arbeitsverfahren oder
  • Änderung des Stand der Technik sein.

Die Überprüfung ist unter Angabe des Datums zu dokumentieren.

(4) Anlässe für eine unverzügliche Aktualisierung sind in BetrSichV § 3 Absatz 7 genannt:

  1. sicherheitsrelevante Veränderungen der Arbeitsbedingungen einschließlich der Änderung von Arbeitsmitteln,
  2. neue Informationen, insbesondere Erkenntnisse aus dem Unfallgeschehen oder aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge oder
  3. wenn die Prüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ergeben hat, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen nicht wirksam oder nicht ausreichend sind.

(5) Bei Änderungen von Arbeitsmitteln hat der Arbeitgeber auch zu beurteilen, ob er Herstellerpflichten zu beachten hat, die sich aus anderen Rechtsvorschriften, insbesondere dem Produktsicherheitsgesetz oder einer Verordnung nach ProdSG § 8 Absatz 1 ergeben (BetrSichV § 10 Absatz 5 Satz 4).

4.2 Allgemeine Gesichtspunkte

(1) In die Gefährdungsbeurteilung sind alle bei der Verwendung von Arbeitsmitteln auftretenden Gefährdungen nach BetrSichV § 3 Absatz 2 BetrSichV einzubeziehen. Dabei sind insbesondere auch die in Nummer 4.3 und 4.4 genannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen.

(2) Bei der Gefährdungsbeurteilung sind die voraussehbaren Tätigkeiten in allen Phasen der Verwendung der Arbeitsmittel zu berücksichtigen, z. B.

  • Montieren und Installieren,
  • Bedienen und Überwachen,
  • An- oder Abschalten oder Einstellen,
  • Gebrauchen, Einrichten, Rüsten, Störungsbeseitigung,
  • Betreiben einschließlich An- und Abfahrbetrieb,
  • Instandhalten,
  • Reinigen,
  • Prüfen, Abnehmen,
  • Umbauen, Ändern,
  • Erproben, z. B. nach Errichtung, Umrüstung, Instandsetzung,
  • Außerbetriebnahme, Demontieren,
  • Transportieren, Aufbewahren,
  • Überwachen.

(3) Der Umfang und die Methodik der Gefährdungsbeurteilung hängen von der Art des betrachteten Arbeitsmittels (z. B. seiner Komplexität), den Arbeitsgegenständen, der Arbeitsumgebung und den sonstigen betrieblichen Aufstell- und Einsatzbedingungen ab.

(4) Bei der gleichartigen Verwendung von Arbeitsmitteln kann die Gefährdungsbeurteilung zusammengefasst werden. Dazu können folgende Kriterien herangezogen werden:

  • Arbeitsmittel und deren Einsatzbedingungen,
  • gleichartige Gefährdungen,
  • gleichartige Tätigkeit,
  • gleichartige Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten,
  • Arbeitsumgebung,
  • Arbeitsbedingungen.

Unter Berücksichtigung der genannten Kriterien kann die Gefährdungsbeurteilung auch für Arbeitsmittel zusammengefasst werden, die zwar mehrteilig sind, aber als Gebrauchseinheit verwendet werden, z. B. ein Satz von Handwerkzeugen in einem Werkzeugkasten oder an einer Werkbank, die Standardausstattung eines Büroarbeitsplatzes oder eines Näharbeitsplatzes, die medizinische Standardausrüstung eines Behandlungsplatzes.

(5) Bei der Beurteilung der Gefährdungen sind auch Gefährdungen für Beschäftigte des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die die jeweiligen Arbeitsmittel nicht selbst verwenden, sich aber im Gefahrenbereich der verwendeten Arbeitsmittel befinden. Bei überwachungsbedürftigen Anlagen sind auch Gefährdungen anderer Personen im Gefahrenbereich zu berücksichtigen.

(6) Bei der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt der Arbeitgeber die vom Hersteller eines Arbeitsmittels mitgelieferten Gebrauchs- oder Betriebsanleitungen (z. B. Angaben zu vorgesehener Betriebsweise, Ausrüstung und Angaben zur sicheren Verwendung). Soweit von der bestimmungsgemäßen Verwendung des Herstellers abgewichen wird,
sind die Abweichungen bezüglich der Auswirkung auf die Gefährdungen zu beurteilen.

(7) Vor der erstmaligen Verwendung eines Arbeitsmittels hat der Arbeitgeber die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen zu überprüfen, soweit entsprechende Prüfungen nicht bereits nach BetrSichV § 14 oder BetrSichV § 15 durchgeführt wurden (BetrSichV § 4 Absatz 5). Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen vor der erstmaligen Verwendung
kann angenommen werden, wenn z. B.

  • die vorhandenen technischen Schutzmaßnahmen funktionsfähig sind, z. B.
    ˗ nichttrennende bzw. trennende Schutzeinrichtungen nach Angaben in der Betriebsanleitung und nach dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, insbesondere hinsichtlich der vom Arbeitgeber vorgesehenen Verwendung vorhanden und aktiviert sind,
  • Grenzwerte eingehalten werden, indem z. B. Schallschutzhauben bzw. Absaugeinrichtungen vorhanden sind,
    ˗ eine Lüftung den rechnerisch ermittelten Luftstrom erreicht,
    ˗ eine Grenzwertüberwachung funktionsfähig ist,
  • die Beschäftigten unterwiesen sind und erforderlichenfalls nach den Angaben in der
    Betriebsanleitung eingearbeitet sind,
  • die notwendige persönliche Schutzausrüstung vorhanden ist,
  • die notwendigen Hilfsmittel vorhanden sind.

(8) Bei der Gefährdungsbeurteilung sind Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen sowie Fristen der wiederkehrenden Prüfungen zu ermitteln (BetrSichV § 3 Absatz 6 Satz 1). Ferner hat der Arbeitgeber zu ermitteln und festzulegen, welche
Voraussetzungen die zur Prüfung befähigten Personen erfüllen müssen, die von ihm mit den Prüfungen von Arbeitsmitteln nach den §§ 14, 15 und 16 BetrSichV zu beauftragen sind (BetrSichV § 3 Absatz 6 Satz 6). Nähere Ausführungen zu Satz 1 und 2 enthalten TRBS 1201 ff. und TRBS 1203.

4.3 Einbeziehung von Gefährdungen durch Arbeitsmittel, Arbeitsumgebung sowie Arbeitsgegenstände

(1) Gefährdungen, die sich durch die Arbeitsmittel selbst ergeben können, sind z. B. rotierende Maschinenteile, scharfkantige Werkzeuge, Lärm oder Brand- oder Explosionsgefährdung. Dabei ist zu beachten, dass für die Beurteilung der bei der Verwendung von Arbeitsmitteln auftretenden Gefährdungen neben der BetrSichV ggf. weitere Rechtsvorschriften mit Relevanz für die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln zu berücksichtigen sind, z. B. OStrV, GefStoffV, LärmVibrationsArbSchV, ArbStättV und vgl. Abschnitt 5.3 Absatz 4.

(2) Aus der Arbeitsumgebung können sich z. B. Einflüsse aus Blendung, Windlast, nicht ausreichender Tragfähigkeit des Untergrundes, Staubentwicklung, explosionsgefährdeten Bereichen, Nähe zu unter Spannung stehenden Teilen, Wechselwirkungen mit anderen Arbeitsmitteln, der Arbeitsstätte und mit baulichen Anlagen etc. ergeben.
Weiterhin können Gefährdungen daraus resultieren, dass Arbeit an wechselnden oder öffentlichen Orten stattfindet, z. B. bei Rettungseinsätzen auf der Straße oder in Privathaushalten.

(3) Bei Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln können Gefährdungen durch Arbeitsgegenstände, z. B. durch ungesicherte Ladung, wegfliegende Teile, Stofffreisetzung bei der Bearbeitung von Arbeitsgegenständen, gefährliche Oberflächen von Arbeitsgegenständen, auftreten.

4.4 Berücksichtigung der Gebrauchstauglichkeit, der alterns- und altersgerechten Gestaltung, ergonomisch relevanter Zusammenhänge sowie der physischen und psychischen Belastung bei der Verwendung von Arbeitsmitteln

Die nachfolgenden Erläuterungen sind für ausgewählte Aspekte als Hilfestellung zu verstehen. Die angegebenen Verweise berücksichtigen bereits bestehende Regeln und Normen (siehe Literaturverzeichnis Abschnitt 6), soweit sie den Anwendungsbereich der Betriebssicherheitsverordnung betreffen.

4.4.1 Gebrauchstauglichkeit (BetrSichV § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1)

Im Sinne dieser TRBS bezieht sich die Gebrauchstauglichkeit insbesondere auf die Eignung eines Arbeitsmittels, bei dessen Verwendung durch die dazu bestimmten Beschäftigten und unter den gegebenen Einsatzbedingungen die Arbeitsaufgabe sicherheits- und gesundheitsgerecht zu erfüllen. Weitere Hinweise siehe [1], [2].

4.4.2 Alterns- und altersgerechte Gestaltung (BetrSichV § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1)

(1) Alternsgerechte Gestaltung bedeutet im Sinne dieser TRBS die angemessene Anpassung der Arbeitsbedingungen bei der Verwendung von Arbeitsmitteln im Hinblick auf den Erhalt der Gesundheit der Beschäftigten über die gesamte Erwerbsbiografie hinweg und schließt damit alle Altersgruppen ein. Sie soll eine altersunabhängige Verwendung von Arbeitsmitteln durch Anwendung ergonomischer Gestaltungsprinzipien ermöglichen, die ungünstige Belastungen und daraus folgende gesundheitliche Beanspruchungen vermeiden. Darüber hinaus soll eine dynamische Anpassung des Arbeitssystems bzw. einzelner Elemente möglich sein, die den (voraussichtlichen) Folgen des Alterungsprozesses der Beschäftigten Rechnung trägt, z. B. durch Höhenverstellbarkeit bei Schreib- und Arbeitstischen.

(2) Altersgerechte Gestaltung im Hinblick auf die Verwendung eines Arbeitsmittels bezieht sich auf die Ausrichtung an den spezifischen Ausprägungen von Fähigkeiten einer bestimmten Altersgruppe der Beschäftigten. Während verschiedene Faktoren der Leistungsfähigkeit im Verlauf des Alterungsprozesses der Beschäftigten eher konstant bleiben, nehmen andere eher zu, z. B. Erfahrungswissen, oder eher ab, z. B. Sehvermögen. Schutzmaßnahmen zur altersgerechten Arbeitsgestaltung haben die jeweils gegebenen Leistungsvoraussetzungen zur Grundlage, z. B. altersgemischte Teams zwecks Erfahrungsaustausch zur sicheren Verwendung von Arbeitsmitteln oder die Erhöhung der Beleuchtungsstärke bei nachlassendem Sehvermögen.

Bemerkung: Schutzmaßnahmen zur alternsgerechten Gestaltung können auch bereits Maßnahmen zur altersgerechten Gestaltung mit abdecken, zum Beispiel Einstellmöglichkeiten der Beleuchtungsstärke als alternsgerechte Maßnahme, Anpassung der Beleuchtungsstärke an das Sehvermögen als altersgerechte Maßnahme.

4.4.3 Ergonomische Zusammenhänge (BetrSichV § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 )

Unter ergonomischen Zusammenhängen ist die Anpassung eines Arbeitsmittels und seiner Verwendung an den Menschen zu verstehen, welche bei der Auswahl von Arbeitsmitteln und bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen ist. Die Beurteilung von ergonomischen Zusammenhängen orientiert sich an Kriterien der menschengerechten Gestaltung der Arbeit, insbesondere der Ausführbarkeit, der Schädigungslosigkeit, der Beeinträchtigungsfreiheit und der Zumutbarkeit [3], [4]. An den Schnittstellen zwischen Mensch und Arbeitsmittel ergeben sich psychische und physische Belastungen. Dabei ist insbesondere das Zusammenwirken von

  • Beschäftigten,
  • Arbeitsmitteln,
  • Arbeitsgegenständen,
  • Arbeitsplatz und Einsatzbedingungen,
  • Arbeits- und Fertigungsverfahren,
  • Arbeitsorganisation,
  • Arbeitsablauf sowie
  • Arbeitsaufgabe

eines Arbeitssystem zu berücksichtigen.
Weitere Hinweise zu den Grundsätzen ergonomischer Arbeitsgestaltung sind in [5], [6] zu finden.

4.4.4 Physische und psychische Belastung bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (BetrSichV § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3)

(1) Als physische Belastung wird die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und physisch auf ihn einwirken, verstanden (in Anlehnung an [5]).

(2) Als psychische Belastung wird die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken, verstanden [7].

(3) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung sind die physische und psychische Belastung der Beschäftigten, die von der Verwendung von Arbeitsmitteln ausgehen und die nach arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen zu Gesundheitsbeeinträchtigenden Wirkungen führen können, zu ermitteln. Soweit diese Belastungsfaktoren bereits an anderer Stelle in der Gefährdungsbeurteilung berücksichtigt wurden, ist eine erneute Betrachtung nicht erforderlich. Ziel ist es, hieraus Schutzmaßnahmen gegen auftretende Gefährdungen abzuleiten. Hierbei ist das gesamte Arbeitssystem einschließlich der vorhersehbaren Einsatzbedingungen zu betrachten. Das Arbeitssystem umfasst das Zusammenwirken einzelner oder mehrerer Beschäftigter mit Arbeitsmitteln, die unter den durch Arbeitsumgebung und Arbeitsorganisation gegebenen Bedingungen eine Arbeitsaufgabe erfüllen. Der Begriff des Arbeitssystems und die daraus resultierende systematische Einbeziehung der entstehenden Gefährdungen sind in der TRBS 1151 dargestellt.

(4) Mögliche physische Belastungsfaktoren (z. B. Handhabung schwerer Lasten), die bei der Gefährdungsbeurteilung relevant sein können, sind in der „Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (ArbSchG § 20a) [8] zu finden.

(5) Mögliche psychische Belastungsfaktoren (z. B. Variabilität der Arbeitsaufgabe), die bei der Gefährdungsbeurteilung relevant sein können, sind in der Broschüre „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (ArbSchG § 20a) [9] zu finden.

Bemerkung: In Abgrenzung zur psychischen Belastung ist unter der psychischen Beanspruchung die unmittelbare (nicht langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien, zu verstehen (nach [7]). Individuelle, in der Person des einzelnen Beschäftigten liegende Kriterien (z. B. körperliche und geistige Konstitution) werden in Bezug auf Arbeitsmittel in der Gefährdungsbeurteilung grundsätzlich nicht berücksichtigt.

(6) Empfehlungen zur Berücksichtigung der psychischen Belastung bei der Gefährdungsbeurteilung an der Schnittstelle Mensch – Arbeitsmittel befinden sich im Anhang 1.

4.5 Einbeziehung vorhersehbarer Betriebsstörungen in die Gefährdungsbeurteilung (BetrSichV § 3 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 BetrSichV)

(1) Vorhersehbare Betriebsstörungen sind Ereignisse, die den Arbeitsablauf behindern oder zur Einstellung der Arbeiten führen und bei denen die für den Normalbetrieb des Arbeitsmittels getroffenen Schutzmaßnahmen teilweise oder ganz außer Kraft gesetzt sein können. Eine solche Betriebsstörung kann z. B. der plötzliche Ausfall eines Arbeitsmittels sein.

(2) Für die Beseitigung von Betriebsstörungen hat der Arbeitgeber auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung geeignete Maßnahmen festzulegen, die die Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten oder anderer Personen während der Dauer dieser Arbeiten gewährleisten.

4.6 Ermittlung von Art und Umfang erforderlicher Prüfungen und der Voraussetzungen der zur Prüfung befähigten Personen, Festlegung des SollZustandes des Arbeitsmittels (BetrSichV § 3 Absatz 6)

(1) Der Sollzustand ist der vom Arbeitgeber festgelegte sichere Zustand des Arbeitsmittels, der sich aus dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung ergeben muss. Bei der Festlegung des Sollzustandes sind insbesondere zu berücksichtigen:

  • Rechtsvorschriften und technische Regeln mit Anforderungen an Arbeitsmittel einschl. überwachungsbedürftige Anlagen;
  • Art der mit dem Arbeitsmittel auszuführenden Arbeiten, Funktion des Arbeitsmittels, standardisierte oder vereinbarte Betriebsbedingungen wie Herstellerspezifikationen oder das Schutzkonzept von Anlagen;
  • Informationen zum Arbeitsmittel, insbesondere die Betriebsanleitung des Herstellers;
  • Angaben zu sicherheitsrelevanten Sachverhalten wie
  • erforderliche Sicherheitsabstände und ggf. vorhandene Gefahrenbereiche,
  • erforderliche Mess-, Steuer- und Regelvorrichtungen,
  • Leistungsaufnahme,
  • Schallleistungspegel,
  • zulässige Abnutzungsraten,
  • erforderliche Schutzeinrichtungen wie Lichtschranken, Kontaktleisten oder Schutzgitter,
  • Grenzbedingungen (z. B. Drehzahl, Geschwindigkeiten, Lasten, Bearbeitungszeiträume, Druck, Temperatur),
  • Umgebungsbedingungen wie Klima und Beleuchtung;
  • Betriebsabläufe;
  • Zugangsmöglichkeiten;
  • Erfahrungswerte aus der Prüfung vergleichbarer Arbeitsmittel.

(2) Die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung im Hinblick auf Ermittlung von Art, Umfang und Fristen von Prüfungen nach BetrSichV § 3 Absatz 6 Satz 1 sind in TRBS 1201 und TRBS 1201 Teile 1–5 geregelt. Die Anforderungen an die Voraussetzungen der zur Prüfung befähigten Personen sind in TRBS 1203 geregelt.

5. Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

5.1 Allgemeines

(1) Der Arbeitgeber ermittelt die bei der Verwendung des Arbeitsmittels auftretenden Gefährdungen. Ergibt die Bewertung der Gefährdungen, dass eine sichere Verwendung des Arbeitsmittels nicht möglich ist, so hat der Arbeitgeber geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen, um die Gefährdungen so weit wie möglich zu reduzieren (Rangfolge der Schutzmaßnahmen s. Abschnitt 5.5.1).

(2) Grundsätzlich umfassen die festzulegenden Schutzmaßnahmen

  • die grundlegenden Schutzmaßnahmen nach BetrSichV § 6,
  • Schutzmaßnahmen bei Gefährdungen durch Energien (An- und Abfahren von Arbeitsmitteln) nach BetrSichV § 8,
  • weitere Schutzmaßnahmen nach BetrSichV § 9,
  • Schutzmaßnahmen bei Instandhaltung oder Änderung von Arbeitsmitteln nach BetrSichV § 10,
  • Schutzmaßnahmen für besondere Betriebszustände, bei Betriebsstörungen, Unfällen und Notfällen nach BetrSichV § 11,
  • Schutzmaßnahmen zum Brand- und Explosionsschutz.

(3) Für die Beschaffung von Arbeitsmitteln kann der Arbeitgeber die Empfehlungen zur Beschaffung von Arbeitsmitteln gemäß EmpfBS 1113 heranziehen.

(4) Die Prozessschritte bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung sind in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.

Abb. Prozessschritte bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung (siehe Foto oben)

5.2 Notwendige Informationen beschaffen

Zur Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber die notwendigen Informationen für die zu beurteilenden Arbeitsmittel im Hinblick auf die Verwendung und die Beschaffenheit zu beschaffen.

5.2.1 Informationen zur Verwendung des Arbeitsmittels

(1) Der Arbeitgeber hat die Tätigkeiten unter Berücksichtigung aller Phasen der Verwendung der Arbeitsmittel zu ermitteln.

(2) Für die auftretenden Gefährdungen ist zu ermitteln, ob in der BetrSichV, den TRBS oder anderen Veröffentlichungen des Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) Schutzmaßnahmen einschließlich Festlegungen zu Prüfungen enthalten sind.

(3) Bereits vorliegende Gefährdungsbeurteilungen oder Dokumente mit entsprechenden Inhalten (z. B. Sicherheitsberichte, Unterlagen von Herstellern, Explosionsschutzdokument) können genutzt werden, sofern sie auf die Arbeitsmittel, Arbeitsbedingungen und Verfahren im Betrieb anwendbar sind.

(4) Hinweise der Beschäftigten bei der Verwendung der Arbeitsmittel sollen in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden. Ebenso sollen auch die aufgrund betrieblicher Erfahrungen vorhersehbaren Handlungsweisen der Beschäftigten berücksichtigt werden.

(5) Erkenntnisse aus dem Unfallgeschehen und/oder aus Notfallsituationen sollen in die Gefährdungsbeurteilung einbezogen werden.

(6) Für die sichere Verwendung der Arbeitsmittel erforderliche Qualifikationen und Fähigkeiten der Beschäftigten sind zu ermitteln.

5.2.2 Informationen zur Beschaffenheit des Arbeitsmittels

(1) Informationen über die Beschaffenheit des Arbeitsmittels sind z. B.

  • Hinweise zur Einhaltung von geltenden Rechtsvorschriften zum Inverkehrbringen,
  • das vom Hersteller vorgesehene, auf die bestimmungsgemäße Verwendung ausgerichtete Schutzkonzept des Arbeitsmittels,
  • Angaben zur sicheren Verwendung in der Gebrauchs- oder Betriebsanleitung, ggf. weitere Unterlagen des Herstellers, Angaben zu Aufstellungs- und Einsatzbedingungen,
  • Hinweise des Herstellers für zusätzliche Schutzmaßnahmen, z. B. Tragen von PSA oder Altersbeschränkungen.

(2) Mindestens die vom Hersteller mitgelieferten Informationen können übernommen werden, sofern sie auf die Arbeitsmittel, Arbeitsbedingungen und Verfahren im Betrieb anwendbar sind und sofern der Arbeitgeber nicht über andere Erkenntnisse verfügt.

(3) Werden Arbeitsmittel durch den Arbeitgeber in eigener Verantwortung für die Verwendung im eigenen Betrieb hergestellt, übernimmt er die Verantwortung dafür, dass die Beschaffenheit dieser Arbeitsmittel den dafür geltenden Anforderungen genügt und die Anforderungen der BetrSichV bei der Verwendung dieser Arbeitsmittel erfüllt
werden. Gemäß BetrSichV § 5 Absatz 3 müssen diese Arbeitsmittel den grundlegenden Sicherheitsanforderungen der anzuwendenden Gemeinschaftsrichtlinien entsprechen. Den formalen Anforderungen dieser Richtlinien (z. B. CE-Kennzeichen und EU-Konformitätserklärung) brauchen sie nicht zu entsprechen, es sei denn, es ist in der
jeweiligen Richtlinie ausdrücklich anders bestimmt (§ 5 Absatz 3 BetrSichV).

(4) Für die Herstellung von Arbeitsmitteln unter der Verantwortung des Arbeitgebers, für die es keine EU-Vorgaben aus den Gemeinschaftsrichtlinien gibt, ergeben sich die Beschaffenheitsanforderungen aus der Gefährdungsbeurteilung bzw. den Schutzzielanforderungen der BetrSichV, insbesondere §§ 4, 5, 6, 8 und 9 sowie Anhang 1. Gleiches gilt bei der Änderung oder dem Umbau von vorhandenen Arbeitsmitteln aus dem Bestand des Arbeitgebers. Hier hat der Arbeitgeber entsprechend BetrSichV § 10 Absatz 5 zu beurteilen, ob er bei der Änderung bzw. dem Umbau Herstellerpflichten zu beachten hat. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Änderung bzw. der Umbau einer Maschine als eine wesentliche Veränderung zu betrachten wäre.

5.2.3 Prüfen der Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise bei der Verwendung von Arbeitsmitteln (BetrSichV § 7)

(1) Wenn der Arbeitgeber die Gefährdungen ermittelt und beurteilt und die grundlegenden Schutzmaßnahmen gemäß BetrSichV § 6 getroffen hat, kann er prüfen, ob die Voraussetzungen für die vereinfachte Vorgehensweise gemäß BetrSichV § 7 gegeben sind. Die vereinfachte Vorgehensweise entbindet den Arbeitgeber nicht davon, die auftretenden Gefährdungen vollständig zu ermitteln. Eine Vereinfachung ergibt sich vorwiegend bei der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung. Bei der erstmaligen Verwendung neuer Arbeitsmittel ermöglicht die vereinfachte Vorgehensweise einen guten Einstieg in die Gefährdungsbeurteilung, der (im Zusammenspiel mit der später erforderlichen Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung) systematisch genutzt werden kann.

(2) Vor der Anwendung der vereinfachten Vorgehensweise hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass die folgenden Kriterien erfüllt werden:

  1. Es werden ausschließlich Arbeitsmittel verwendet, die mindestens den sicherheitstechnischen Anforderungen der für sie zum Zeitpunkt der Verwendung geltenden Rechtsvorschriften zum Bereitstellen von Arbeitsmitteln auf dem Markt entsprechen. Daraus ergibt sich, dass die vereinfachte Vorgehensweise in der Regel nur auf neue, verwendungsfertige Arbeitsmittel angewendet werden kann. Diese Rechtsvorschriften sind insbesondere das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) und zugehörige Verordnungen mit denen Gemeinschaftsrichtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden. Diese Voraussetzung kann zum Beispiel als erfüllt betrachtet werden, wenn für das Arbeitsmittel eine erforderliche CE-Kennzeichnung, eine EU-Konformitätserklärung sowie eine Betriebsanleitung des Herstellers vorliegt und keine offensichtlichen Mängel erkennbar sind.
  2. Es ist sichergestellt, dass die Arbeitsmittel ausschließlich bestimmungsgemäß entsprechend den Vorgaben des Herstellers verwendet werden. Dazu sind die spezifischen Informationen aus der Betriebsanleitung des Herstellers des Arbeitsmittels auszuwerten.
  3. Es treten unter Berücksichtigung der Arbeitsumgebung, der Arbeitsgegenstände, der Arbeitsabläufe sowie der Dauer und der zeitlichen Lage der Arbeitszeit keine zusätzlichen Gefährdungen der Beschäftigten auf. Dazu ist zu prüfen, ob sich
    Gefährdungen durch die spezifischen Bedingungen ergeben können, unter denen die Arbeitsmittel eingesetzt werden.
  4. Es werden Instandhaltungsmaßnahmen gemäß § 10 BetrSichV getroffen und Prüfungen nach BetrSichV § 14 durchgeführt. Dazu ist es erforderlich, die Festlegungen zur Durchführung dieser Instandhaltungsmaßnahmen und Prüfungen zu dokumentieren.

(3) Die Erfüllung der oben genannten Voraussetzungen ist zu dokumentieren (s. Abschnitt 5.8).

(4) Die vereinfachte Vorgehensweise ist für überwachungsbedürftige Anlagen und die in BetrSichV Anhang 3 genannten Arbeitsmittel nicht zulässig.

5.3 Gefährdungen ermitteln

(1) Für jede Verwendung von Arbeitsmitteln ist systematisch zu ermitteln, welche Gefährdungen auftreten können. Die Systematik muss der Komplexität des Arbeitsmittels und seiner Verwendung angemessen sein und deutlich machen, welche Prozesse, Tätigkeiten und Arbeitsplätze berücksichtigt werden. Bei der gleichartigen Verwendung von Arbeitsmitteln kann die Gefährdungsbeurteilung zusammengefasst werden (s. Abschnitt 4.2 Absatz 4).

(2) Der Arbeitgeber kann davon ausgehen, dass die vom Hersteller des Arbeitsmittels mitgelieferten Informationen zutreffend sind, sofern er nicht über andere Erkenntnisse verfügt (BetrSichV § 3 Absatz 4 Satz 4). Liegt eine Betriebsanleitung des Herstellers vor, kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die für das Arbeitsmittel zutreffenden
Gefährdungen bei bestimmungsgemäßer Verwendung gemäß dem geltenden Regelwerk und somit nach dem Stand der Technik zum Inverkehrbringen berücksichtigt wurden. Eine erneute Bewertung dieser Gefährdungen durch den Arbeitgeber ist nicht erforderlich, sofern die von ihm vorgesehene Verwendung nicht von der vom Hersteller festgelegten bestimmungsgemäßen Verwendung abweicht und keine offensichtlichen Mängel erkennbar sind.

(3) Angaben des Herstellers zur sicheren Verwendung in der Gebrauchs- oder Betriebsanleitung sind vom Arbeitgeber in der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen.

(4) Bei der Ermittlung von Gefährdungen sind insbesondere folgende Gefährdungsfaktoren zu berücksichtigen, sofern sie für die Verwendung des jeweiligen Arbeitsmittels relevant sind:

  • mechanische Gefährdungen,
  • Gefährdungen durch Absturz von Personen, Lasten oder Materialien,
  • elektrische Gefährdungen,
  • Gefährdungen durch Dampf und Druck (z. B. durch den Betrieb von Druckanlagen nach BetrSichV Anhang 2 Abschnitt 4 bedingte spezifische Gefährdungen),
  • Brand- und Explosionsgefährdung,
  • thermische Gefährdungen (z. B. Hitze, Kälte),
  • Gefährdungen durch spezielle physikalische Einwirkungen, z. B. Lärm, Vibration, optische Strahlung, elektromagnetische Felder,
  • Gefährdung durch Arbeitsumgebungsbedingungen (z. B. Klima, Beleuchtung),
  • Gefährdungen durch physische Belastungen (z. B. manuelle Tätigkeiten wie die Handhabung von Lasten),
  • Gefährdungen durch psychische Belastungen.

Es wird darauf hingewiesen, dass es für einige der genannten Gefährdungsfaktoren weitere Rechtsvorschriften mit Relevanz für die sichere Verwendung von Arbeitsmitteln gibt, z. B. OStrV, GefStoffV, LärmVibrationsArbSchV, ArbStättV (ff.).

5.4 Gefährdungen bewerten

(1) Die ermittelten Gefährdungen sind dahingehend zu bewerten, ob bei der vorgesehenen Verwendung des Arbeitsmittels Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sind. Ist dies nicht der Fall, hat der Arbeitgeber Schutzmaßnahmen nach Abschnitt 5.5 festzulegen.

(2) Bei der Bewertung ist der Stand der Technik zur sicheren Verwendung von Arbeitsmitteln zugrunde zu legen, wie er in der BetrSichV und in den Technischen Regeln beschrieben ist.

(3) Wenn in der BetrSichV und den TRBS keine konkreten Aussagen für das jeweilige Arbeitsmittel und dessen Verwendung zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz durch die Beschäftigten enthalten sind, muss der Arbeitgeber prüfen, ob es andere gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse gibt. Dabei kommen Empfehlungen des ABS
gemäß BetrSichV § 21 Absatz 6 Nummer 2, DGUV-Regelwerke und Veröffentlichungen der einzelnen Unfallversicherungsträger, der Länder sowie der BAuA in Betracht.

(4) Sofern es für das eingesetzte Arbeitsmittel auch nach Absatz 3 keine konkreten Aussagen gibt, muss der Arbeitgeber bewerten, ob die Sicherheit und der Gesundheitsschutz der Beschäftigten gewährleistet sind. Dabei kann er z. B. auf Branchenstandards, Veröffentlichungen von Industrie- oder Handwerksverbänden zurückgreifen oder interne bzw. externe Fachleute hinzuziehen.

5.5 Schutzmaßnahmen festlegen

5.5.1 Allgemeines

(1) Die in diesem Abschnitt dargestellten Handlungsgrundsätze dienen der Orientierung bei der Festlegung von Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen und geben gemäß BetrSichV § 4 Absatz 2 Satz 2 eine grundsätzliche T-O-P-Rangfolge vor:

  1. Technische Schutzmaßnahmen
  2. Organisatorische Schutzmaßnahmen
  3. Personenbezogene Schutzmaßnahmen

(2) Schutzmaßnahmen sind – möglichst schon vor der Beschaffung der Arbeitsmittel – mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation und sonstige Arbeitsbedingungen fachgerecht zu verknüpfen, damit Gefährdungen bei allen von Beschäftigten durchgeführten Tätigkeiten und den dabei nach den betrieblichen Erfahrungen vorhersehbaren Handlungsweisen vermieden oder minimiert werden.

(3) Schutzmaßnahmen sind so zu gestalten und festzulegen, dass die zur Durchführung der vorgesehenen Tätigkeiten erforderlichen Bewegungs- und Arbeitsabläufe nicht oder möglichst wenig gestört werden.

(4) Häufig können Gefährdungen nicht durch eine einzelne Schutzmaßnahme vermieden oder hinreichend reduziert werden. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn ein Arbeitsmittel in unterschiedlichen Betriebsarten verwendet wird. Grundsätzlich führt die Gefährdungsbeurteilung daher zu einer fachgerechten Verknüpfung von technischen,
organisatorischen und personenbezogenen Maßnahmen (T-O-P) unter Berücksichtigung der Rangfolge gemäß Absatz 1.

(5) Für die Festlegung von Schutzmaßnahmen finden sich Hilfestellungen in den gefährdungsbezogenen Regeln der TRBS 2000er-Reihe sowie in den arbeitsmittelbezogenen Regeln der TRBS 3000er-Reihe.

(4) Der Arbeitgeber muss in seiner betrieblichen Organisation regeln, dass Beschäftigte nur sichere Arbeitsmittel verwenden und Arbeitsmittel, die sicherheitsrelevante Mängel aufweisen, nicht verwendet werden dürfen.

5.5.2 Technische Schutzmaßnahmen

(1) Technische Schutzmaßnahmen sollen so ausgewählt und umgesetzt werden, dass sie willensunabhängig wirksam sind und eine sichere Verwendung des Arbeitsmittels gewährleisten. Zu den technischen Schutzmaßnahmen an Arbeitsmitteln zählen beispielsweise

  • trennende und nichttrennende Schutzeinrichtungen,
  • ergonomische Gestaltung von Anzeigen, Eingabemasken, Bedienelementen und
    Stellteilen,
  • Einrichtungen zur Begrenzung der Energie wie Schutzkleinspannung, Druckbegrenzung in Hydrauliksystemen,
  • Ausrüstung von Anlagen mit Mess-, Steuer- und Regelvorrichtungen,
  • sicherheitsgerichtete Steuerungen.

(2) Der Arbeitgeber hat die für die von ihm vorgesehene Verwendung erforderlichen technischen Schutzmaßnahmen festzulegen, soweit diese nicht bereits durch die vom Hersteller für die bestimmungsgemäße Verwendung des Arbeitsmittels vorgesehenen Schutzmaßnahmen realisiert sind.

5.5.3 Organisatorische Schutzmaßnahmen

(1) Durch organisatorische Schutzmaßnahmen kann sichergestellt werden, dass alle für die sichere Durchführung von Arbeiten erforderlichen Ressourcen rechtzeitig zur Verfügung stehen, Arbeitsabläufe sicher, fachgerecht geplant und durchgeführt werden sowie Arbeitsmittel und persönliche Schutzausrüstungen bestimmungsgemäß verwendet und überprüft werden.

(2) Organisatorische Schutzmaßnahmen sollen so ausgewählt werden, dass auftretende Gefährdungen in allen Phasen der Verwendung vermieden oder minimiert werden. Die Wirksamkeit von technischen Schutzmaßnahmen muss zudem durch geeignete organisatorische Maßnahmen dauerhaft erhalten bleiben. Wenn dies nicht möglich ist, sind verbleibende Gefährdungen in der Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren, und ergänzende personenbezogene Schutzmaßnahmen zu treffen.

(3) Beispiele für Maßnahmen nach Absatz 2 sind

  • Planung betrieblicher Abläufe unter Einbeziehung der Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes,
  • Erteilung von Anweisungen, Bereitstellung von Betriebsanweisungen
  • Diese Anweisungen müssen auch Informationen zu besonderen Betriebszuständen wie z. B. Einrichtung, Störungsbeseitigung, Reinigung von Arbeitsmitteln enthalten.
  • Bereitstellung von Informationen
  • Der Informationsgehalt soll auf das individuelle Tätigkeitsspektrum der Beschäftigten angepasst, übersichtlich und verständlich sowie bedarfsgerecht sein.
  • Zugangsberechtigungen,
  • Freigabeverfahren,
  • Prüfungen von Arbeitsmitteln,
  • Kontrolle durch Inaugenscheinnahme und ggf. Funktionskontrolle auf offensichtliche Mängel vor jeder Verwendung,
  • regelmäßige Funktionskontrolle von Schutz- und Sicherheitseinrichtungen,
  • Melden und Beseitigen von Mängeln,
  • einheitliche Kommandos, Handzeichen und Signale,
  • Auswertung von Unfallereignissen und Gesundheitsbeschwerden sowie ggf. von Sachschäden und Fehlverhalten,
  • Vergabe von Berechtigungen und Beauftragungen von Beschäftigten unter Berücksichtigung der jeweils erforderlichen Qualifikation für die übertragenen Aufgaben,
  • Auswahl und Qualifizierung von Führungs- und Fachkräften,
  • Schulungen und Unterweisungen von Beschäftigten.
5.5.4 Personenbezogene Schutzmaßnahmen

(1) Personenbezogene Schutzmaßnahmen können begleitend zu technischen oder organisatorischen Schutzmaßnahmen festgelegt werden. Wenn technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen in Ausnahmefällen nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand angewendet werden können, dürfen personenbezogene Schutzmaßnahmen als alleinige Schutzmaßnahme angewendet werden (s. dazu die Hinweise zur Bewertung von Ausnahmefällen in der EmpfBS 1114).

(2) Personenbezogene Schutzmaßnahmen müssen so ausgewählt werden, dass Beschäftigte sich und andere ausreichend gegen Gefährdungen schützen können und sich daraus keine neuen Gefährdungen ergeben. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass die personenbezogenen Schutzmaßnahmen angewandt werden.

(3) Personenbezogene Schutzmaßnahmen sind persönliche Schutzausrüstungen wie Schutzhelm, Schutzschuhe oder Gehörschutz und Vorgaben zum Verhalten von Beschäftigten, z. B. zur Benutzung persönlicher Schutzausrüstung und zur richtigen Reaktion auf Warnsignale bei Arbeiten.

5.5.5 Berücksichtigung des Arbeitsablaufs und Koordination

(1) Kann eine Gefährdung von Beschäftigten anderer Arbeitgeber nicht ausgeschlossen werden, so haben alle betroffenen Arbeitgeber bei ihren Gefährdungsbeurteilungen zusammenzuwirken und die Schutzmaßnahmen so abzustimmen und durchzuführen, dass diese wirksam sind (BetrSichV § 11). Das gilt insbesondere, wenn Arbeitsmittel von Beschäftigten verschiedener Arbeitgeber verwendet werden, was z. B. beim Beund Entladen von Fahrzeugen oder bei der Instandhaltung von Arbeitsmitteln gegeben sein kann.

(2) Eine Abstimmung der Schutzmaßnahmen kann auch dann erforderlich sein, wenn mehrere Arbeitgeber nacheinander Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln oder Arbeitsgegenständen durchführen. Dies gilt immer dann, wenn Gefährdungen bei nachfolgenden Tätigkeiten von den vorher durchgeführten Tätigkeiten beeinflusst werden, z. B.

  • Anbringen von Transportsicherungen, um Gefährdungen beim Transport zu vermeiden,
  • Verwendung von Gerüsten oder Dockanlagen,
  • Wiederanbringen von Abdeckungen nach Reinigungs- oder Instandhaltungsmaßnahmen,
  • Sicherstellen der Erreichbarkeit von Bedienelementen bei der Anlieferung von Materialien oder bei Montagearbeiten,
  • Meldung von Mängeln oder Störungen,
  • Sichern von Gefahrstellen, die sich aus der Unterbrechung von Tätigkeiten ergeben, z. B. Sichern von Gegenständen gegen Herabfallen oder Umfallen,
  • Kennzeichnung des Lastschwerpunktes und geeigneter Anschlagpunkte an Arbeitsmitteln oder Arbeitsgegenständen vor Transportvorgängen mit dem Kran.

(3) Eine Abstimmung der Schutzmaßnahmen kann auch dann erforderlich sein, wenn
durch die Zusammenarbeit verschiedener Teams oder Arbeitsschichten eines Arbeitgebers Gefährdungen entstehen.

(4) Besteht bei der Verwendung von Arbeitsmitteln eine erhöhte Gefährdung der Beschäftigten anderer Arbeitgeber, ist ein Koordinator gemäß BetrSichV § 13 schriftlich zu bestellen. Eine erhöhte Gefährdung bei der Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber besteht z. B. bei gleichzeitigem Arbeiten auf mehreren Arbeitsebenen, Arbeiten in großer Höhe, Ausbau von schweren Maschinenteilen, gleichzeitigem Einsatz mehrerer Krane oder mobiler Arbeitsmittel.

5.6 Schutzmaßnahmen umsetzen

Der Arbeitgeber hat die Voraussetzungen zu schaffen und dafür zu sorgen, dass die festgelegten Schutzmaßnahmen umgesetzt und während des gesamten Zeitraums der Verwendung aufrechterhalten werden, z. B. durch Festlegung von Terminen und Verantwortlichkeiten.

5.7 Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen überprüfen (BetrSichV § 4 Absatz 5)

(1) Bei der Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen muss der Arbeitgeber insbesondere feststellen, ob

  • die Schutzmaßnahmen geeignet und ausreichend wirksam sind und
  • sich aus diesen Schutzmaßnahmen keine neuen Gefährdungen ergeben.

(2) Die Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ist vor der erstmaligen
Verwendung des Arbeitsmittels und anschließend in regelmäßigen Abständen durchzuführen. Die Zeitabstände legt der Arbeitgeber fest. Er kann sich dabei auf z. B. Betriebsanleitungen, Technische Regeln und Betriebserfahrungen abstützen.

(3) Wird bei der Überprüfung festgestellt, dass die Schutzmaßnahmen nicht ausreichend wirksam sind oder sich aus diesen neue Gefährdungen ergeben haben, muss die Gefährdungsbeurteilung diesbezüglich aktualisiert werden.

5.8 Ergebnisse dokumentieren (BetrSichV § 3 Absatz 8)

(1) Der Arbeitgeber hat das Ergebnis seiner Gefährdungsbeurteilung zu dokumentieren. Erforderliche Angaben sind mindestens:

  1. die bei der Verwendung der Arbeitsmittel auftretenden Gefährdungen,
  2. die zu ergreifenden Schutzmaßnahmen,
  3. wie die Anforderungen der BetrSichV eingehalten werden, wenn von den nach BetrSichV § 21 Absatz 4 Nummer 1 bekannt gegebenen Regeln und Erkenntnissen abgewichen wird,
  4. Art und Umfang der erforderlichen Prüfungen sowie die Fristen der wiederkehrenden Prüfungen (BetrSichV § 3 Absatz 6 Satz 1),
  5. das Ergebnis der Überprüfung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gemäß BetrSichV § 4 Absatz 5.

(2) Die Dokumentation darf auch in elektronischer Form vorgenommen werden.

(3) Sofern der Arbeitgeber von der vereinfachten Vorgehensweise nach BetrSichV § 7 Gebrauch macht und die Gefährdungsbeurteilung ergibt, dass alle dort genannten Voraussetzungen vorliegen, ist eine Dokumentation dieser Voraussetzungen ausreichend.

(4) Bei gleichartigen Arbeitsmitteln und Gefährdungen ist es ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefasste Angaben enthalten.

(5) Wenn bereits vorhandene Gefährdungsbeurteilungen oder gleichwertige Unterlagen, die der Hersteller oder Inverkehrbringer mitgeliefert hat, vom Arbeitgeber übernommen werden, sind diese der Dokumentation beizufügen.

(6) Die Form der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung ist nach der BetrSichV nicht vorgegeben. Sie kann verschiedene Dokumente umfassen, z. B. Betriebsanleitung, Betriebsanweisung, Freigabeverfahren, Explosionsschutzdokument. Die entsprechenden Unterlagen müssen jedoch auf Systematik und Vollständigkeit überprüfbar und verfügbar sein. Bei Arbeitsmitteln, für die keine Betriebs- oder Gebrauchsanleitung nach ProdSG § 3 Absatz 4 mitgeliefert werden muss, ist grundsätzlich eine gesonderte Dokumentation verzichtbar.

(7) Die Gefährdungsbeurteilung ist regelmäßig zu überprüfen (s. dazu auch Abschnitt 4.1 sowie BetrSichV § 3 Absatz 7 ). Die Zeitabstände legt der Arbeitgeber fest. Er kann sich dabei z. B. auf Betriebsanleitungen, Technische Regeln und Betriebserfahrungen abstützen. Auch wenn keine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung erforderlich ist, hat der Arbeitgeber die Überprüfung unter Angabe des Datums in der Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung zu vermerken.

(8) Empfehlungen für die Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung sind anhand von ausgewählten Beispielen in Anhang 2 dargestellt.“

6. Literatur

[1] Schmauder, M. & Spanner-Ulmer, B. (2014). Ergonomie – Grundlagen zur Interaktion von Mensch, Technik und Organisation. München, Carl Hanser Verlag
(2) DIN EN ISO 9241-11:2017-01 (Entwurf): Ergonomie der Mensch-SystemInteraktion – Teil 11: Gebrauchstauglichkeit: Begriffe und Konzepte (ISO/DIS 9241-11:2016); Deutsche und Englische Fassung prEN ISO 9241-11:2016
[3] Hacker, W. (1986). Arbeitspsychologie. Psychische Regulation von Arbeitstätigkeiten. Stuttgart: Huber Verlag
[4] Rohmert, W. (1983). Formen menschlicher Arbeit. In: Rohmert u. a.: Praktische
Arbeitsphysiologie. Stuttgart, New York: Georg Thieme Verlag
(5) DIN EN ISO 26800:2011-11: Ergonomie – Genereller Ansatz, Prinzipien und Konzepte (ISO 26800:2011); Deutsche Fassung EN ISO 26800:2011
(6) DIN EN ISO 6385:2016-12: Grundsätze der Ergonomie für die Gestaltung von Arbeitssystemen (ISO/DIS 6385:2016); Deutsche Fassung EN ISO 6385:2016
(7) DIN EN ISO 10075-1 :2018-01: Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung – Teil 1: Allgemeine Aspekte und Konzepte und Begriffe (ISO 10075-1:2017); Deutsche Fassung EN ISO 10075-1:2017
(8) GDA, Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation (Stand: 22.05.2017)
(9) GDA, Arbeitsprogramm Psyche, Broschüre „Empfehlungen zur Umsetzung der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung“ (Stand: 4.1.2016)