Körperhaltevorrichtungen und Anseilgurte
Als Körperhaltevorrichtung oder Anseilgurt bezeichnet man den Teil einer Kletterausrüstung, welcher am Körper getragen wird bzw. diesen umschließt. Umgangssprachlich wird dieser auch einfach als "Gurt" bezeichnet.
Definitionen
Ein Gurt ist eine Zusammenstellung von Textilbändern, die durch zusätzliche Verstelleinrichtungen und Elemente, den Körper bei einem Sturz in einer hängenden Position unterstützen. Quelle: DIN EN 12277
Körperhaltevorrichtungen können Auffanggurte in Kombination mit ergonomisch gestalteter Sitzfläche (Sitzbrett), ergonomisch vergleichbare sitzähnliche Gurtsysteme (Arbeitssitz) oder geeignete Auffanggurte sein, von denen aus Höhenarbeiter bzw. Höhenarbeiterinnen sitzend Arbeiten verrichten. Quelle: DGUV I 212-001 2.10
Einführung in die Systematik
Der Gurt dient dazu, die beim zurückhalten vor einer Absturzkante, die beim hineinlehnen bzw. die bei einem Auffangvorgang auftretenden Belastungen aufzunehmen und auf den Körper des Anwenders zu übertragen.
Er muss im Einsatzzweck eines Persönliches Absturzschutzsystem geeignet ausgewählt und regelmäßig überprüft werden.
Typen
Auffanggurt nach DIN EN 361
Auffanggurte sind Haltevorrichtungen für den Körper, um den freien Fall einer Person aufzufangen. Dieser besteht aus Gurtbändern, Beschlagteilen, Schnallen und anderen Einzelteilen, die so angeordnet sind, dass der Gurt den ganzen Körper einer Person unterstützt und während eines Sturzes bzw. nach dem Auffangen eines Sturzes in einer angemessenen Position halten kann. Quelle: DIN EN 361
Einstellbare Gurtbänder umschließen mind. den Oberkörper und Beine. An der Brust (sternal) und/oder dem Rücken (dorsal) sind die Anseilpunkte (Ösen, Schlaufen, D-Ringe) für die systematische Verbindung mit einer Anschlagmöglichkeit angebracht. Ein zusätzlicher am Bauch befindliche vertikal-ausgerichteter D-Ring (Steigschutzöse) kann die Ergonomie von einigen Auffang- und Höhensicherungsgeräte bei der Benutzung an fest installierten Steigschutzsystemen an Ortsfesten Leitern und Steigeisengängen verbessern.
Sie können in Absturzsicherungssysteme eingesetzt werden, welche nicht planmäßig sondern nur als Folge des Abrutschens durch das Körpergewicht mit entsprechendem Fangstoß belastet werden.
Soll während der Anwendung eines Auffanggurtes zusätzlich auch eine Arbeitsplatzpositionierung nach DIN EN 363, also eine planmäßige Belastung des Gurtes mit einem Teil des Körpergewichts des Trägers vorgenommen werden, kann der Auffanggurt auch mit einem Haltegurt kombiniert werden.
Haltegurt (Bauchgurt)
Bauchgurt mit Beinschlaufen, der in der sitzenden Position unterstützt. Quelle: DIN EN 12277
Ist ein Bauchgurt mit Anseilpunkten nach DIN EN 358 ausgestattet, wird dieser auch als Haltegurt bzw. Haltevorrichtung für den Körper, die den Körper an der Taille umschließt bezeichnet. Quelle: DIN EN 358
Für sich allein genommen dürfen Bauch- und Haltegurte lediglich in Systemen verwendet werden, welche es dem Anwender durch manuelle oder automatische Anpassung der Länge des Rückhaltesystems nach DIN EN 363 unmöglich machen eine Absturzkante zu erreichen.
Rettungskräfte nutzen Haltegurte nach DIN 14927 in nach LMRA festgestellt alternativlosen Notfallsituationen (Selbstrettung / Evakuierungsnotfall). In diesem Ausnahmefall wird der Bauch- und Haltegurt (Feuerwehrgurt) dann aber planmäßig mit vollem Körpergewicht statisch, aber nur kurz für einen Abseilvorgang belastet.
Brustgurt
Ein Brustgurt umfasst den Brustkorb seines Trägers über und unter den Achseln. Aus verstellbaren Gurtbändern bestehende Brustgurte halten den Körper in einer aufrechten Position. Der Brustgurt kann über Anseilpunkte zum Einhängen von persönlichen Abssturzschutzsystemen verfügen. Die Anseilpunkte des Brustgurtes dürfen aber nur dann belegt werden, wenn der Brustgurt gleichzeitig mit einem Sitzgurt (vgl. Komplettgurt) schlüssig kombiniert ist. Quelle: DIN EN 12277
In die Anseilpunkte eines Bauch- und Haltegurtes darf kein Auffangvorgang (Fangstoß) eingeleitet werden! Dies gilt auch für den Anseilpunkt von Brustgurten und Rettungsschlaufen, welche ausschließlich den Oberkörper des Trägers umschließen.
Sitzgurt
Ein Sitzgurt ist ein Bauchgurt mit Beinschlaufen, der in der sitzenden Position unterstützt. Genau genommen ist ein Sitzgurt eine strukturierte Verbindung aus Haltegurt und Beinschlaufen, welche zu einer angemessenen Körperhaltevorrichtung des Gesäßes führt. Quelle: DIN EN 813, DIN EN 12277
Ausgestattet mit einem relativ tief sitzenden zentralen Anseilpunkt können Anwender, sowohl eine annähernd stabile Sitzposition in der Hängeposition einnehmen als auch eine gute horizontale Beweglichkeit erhalten. Mit einem Sitzgurt, welcher zusätzlich mit Anseilpunkten nach DIN EN 358 ausgestattet ist, kann am Aufenthaltsort eine komfortablere Positionierung mittels Haltesystem vorgenommen werden.
Leichte und metallfreie Sitzgurte werden in den Teilbereichen (Bergport und Bergwacht) bevorzugt und robuste und stark gepolsterte Varianten in der (SKT).
Komplettgurt
Anseilgurt, der mindestens den oberen Teil des Körpers und die Oberschenkel umgibt. Quelle: DIN EN 12277
Der Komplettgurt ist eine zulässige und geprüfte Kombination aus Halte, Sitz-, Brust- und Auffanggurt. Je nach Ausstattung mit den dazugehörigen Anseilpunkten (Ösen, Schlaufen und D-Ringe) erlaubt der Komplettgurt eine durchgängige Anwendung nahezu aller persönlichen Absturzschutzsysteme.
Er ist der typische Gurt für "Industriekletterer", also für die Anwendung nach TRBS 2121 Teil 3.
Als Anseilpunkte für Auffang- bzw. Sicherungssysteme nach DIN EN 363 dienen die Ösen und D-Ringe des Brustgurtes.
Der Komplettgurt verfügt wie der Sitzgurt über einen zusätzlich zentralen Anseilpunkt (Bauchöse). Dieser kann für eine indirekten Arbeitsplatzpositionierung oder als Anseilpunkt für Tragsysteme des Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen genutzt werden. Hier müssen allerdings die Beinschlaufen des Komplettgurtes in jedem Fall mit einer Polsterung ausgestattet sein. Auch einige Auffanggeräte zur Verbindung mit ortsfesten Steigschutzschienen können mit diesem zentralen Anseilpunkt verbunden werden. Zwei seitliche Halteösen ermöglichen die direkte Arbeitsplatzpositionierung (Umschlingen). Breite bzw. atmungsaktive Polsterungen im Rückenbereich und Materialschlaufen sind sinnvoll zusätzliche Ausstattungsmerkmale.
Rettungsgurt DIN EN 1497 und Rettungsschlaufen DIN EN 1498
Nur in Rettungssituationen verwendbare Hilfsgurte nach DIN EN 1497 und Schlaufen nach DIN EN 1498. Mit oben genannten Normen ist ein direktes Einbinden der verletzten Person in ein Rettungssystem nach DIN EN 363 z.B. zum kurzfristigen Abseilen möglich.
Hilfreiche Links und Informationen zur Kennzeichnung, Pflege und Kontrolle
Quelle: Petzl