Norm: TRBS 2121

Beschreibung

TRBS 2121 - Gefährdung von Beschäftigten durch Absturz - Allgemeine Anforderungen

Diese BAuA - Technische Regel der Betriebssicherheit (TRBS) 2121 konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV).

Inhaltsverzeichnis

1. Anwendungsbereich
2. Begriffsbestimmungen
3. Beurteilung der Gefährdung
4. Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz

1. Anwendungsbereich

(1) Diese Technische Regel gilt für die Ermittlung und Bewertung von Absturzgefährdungen die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln entstehen können. Sie benennt beispielhaft Maßnahmen, die zum Schutz von Beschäftigten bei Tätigkeiten im Gefahrenbereich angewendet werden können.

(2) Diese Technische Regel beschreibt die Vorgehensweisen für die Ermittlung und Bewertung von Absturzgefährdungen von Beschäftigten.

(3) Bei der Verwendung von

  • Gerüsten gilt zusätzlich die TRBS 2121 Teil 1,
  • bei der Verwendung von Leitern zusätzlich die TRBS 2121 Teil 2,
  • bei der Verwendung von Zugangs- und Positionierungsverfahren unter Zuhilfenahme von Seilen zusätzlich die TRBS 2121 Teil 3 und
  • beim ausnahmsweisen Heben von Beschäftigten mit Arbeitsmitteln zusätzlich die TRBS 2121 Teil 4.

2. Begriffsbestimmungen

2.1 Absturz von Beschäftigten
Herabfallen eines Beschäftigten oder mehrerer Beschäftigter vom ursprünglichen Standort auf eine tiefer gelegene Fläche oder einen Gegenstand. Als Absturz gilt auch das Durchbrechen durch eine nicht tragfähige Fläche oder das Hineinfallen und das Versinken in flüssigen oder körnigen Stoffen, sowie das Hineinfallen in eine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz.

2.2 Absturzkante
Kante an einem Arbeitsmittel oder einer überwachungsbedürftigen Anlage, über die ein Beschäftigter oder mehrere Beschäftigte abstürzen können. Absturzkante ist auch der Übergang von einer tragfähigen bzw. durchtrittsicheren zu einer nicht tragfähigen bzw. nicht durchtrittsicheren Fläche.

2.3 Absturzsicherung
Feste Schutzvorrichtung, die den Absturz verhindert oder andere Einrichtungen, die den Absturz verhindern. Hierbei handelt es sich um technische Schutzmaßnahmen im Sinne von BetrSichV § 4 Absatz 2.

2.4 Auffangeinrichtung
Schutzeinrichtung, die abstürzende Beschäftigte auffängt und vor tieferem Absturz schützt. Hierbei handelt es sich um technische Schutzmaßnahmen im Sinne von BetrSichV § 4 Absatz 2.

2.5 Persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz
(1) Sicherungssystem für einen Beschäftigten, das durch Rückhalten den Absturz verhindert oder den Beschäftigten durch Auffangen vor tieferem Absturz schützt. Hierbei handelt es sich um personenbezogene Schutzmaßnahmen im Sinne von BetrSichV § 4 Absatz 2.

(2) Die persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) besteht aus einer Ausrüstung, die von einem Beschäftigten als Schutz gegen Absturz getragen oder gehalten wird und aus einem Verbindungssystem, das so entworfen ist, dass sie diese Ausrüstung mit einer externen Vorrichtung oder einem sicheren Ankerpunkt verbindet. Sie muss nicht ständig befestigt sein und benötigt keine Befestigungsarbeiten.

3. Beurteilung der Gefährdung

3.1 Allgemeines

(1) Die allgemeinen Aspekte der Gefährdungsbeurteilung sind in der TRBS 1111 beschrieben. Die Beurteilung der Gefährdung hat das Ziel, geeignete Maßnahmen zu treffen, die den Absturz verhindern bzw. die Gefährdung durch Absturz so gering wie möglich halten. Dabei ist insbesondere die Eignung des Arbeitsmittels für die geplante Verwendung, die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation zu berücksichtigen.

(2) Durch die Auswahl des Arbeitsmittels unter Berücksichtigung der auszuführenden Tätigkeiten ist die Absturzgefährdung zu verhindern bzw. so gering wie möglich zu halten.

3.2 Ermittlung der Gefährdung

Bei der Ermittlung der Gefährdung muss festgestellt werden, ob eine Absturzkante vorhanden ist. Dabei ist neben dem vertikalen auch der horizontale Abstand zu einer tragfähigen oder durchtrittsicheren bzw. zu einer nicht tragfähigen oder nicht durchtrittsicheren Fläche zu berücksichtigen. So ist z. B.

  • der Abstand zwischen Gerüstbelag und der Fassade eines Gebäudes oder Fensterflächen innerhalb der Fassade im Regelfall nicht durchsturzsicher,
  • beim Aufstellen einer Leiter auf einem Flachdach oder Balkon der Abstand zur Dachkante, Balkonbrüstung oder zu Lichtkuppeln oder Lichtbändern und
  • bei Aufzugsanlagen der Abstand zwischen Schachtwand und Fahrkorb zu beachten.

3.3 Bewertung der Gefährdung

Ist eine Absturzkante vorhanden, kann die Gefährdung durch Absturz des Beschäftigten insbesondere nach folgenden Kriterien bewertet werden:

Höhenunterschied zwischen Absturzkante und tiefer liegender Fläche oder Gegenstand

Beschaffenheit der tiefer liegenden Fläche oder des Gegenstandes, z. B.

  • Schüttgüter (versinken, ersticken)
  • Wasser (versinken, ertrinken)
  • fester Boden (harter Aufschlag)
  • Bewehrungsanschlüsse (aufspießen)
  • Behälter mit heißen Flüssigkeiten (verbrennen, verbrühen)
  • Behälter mit Flüssigkeiten (ertrinken, verätzen)
  • Gegenstände/Maschinen einschließlich deren bewegter Teile, die sich auf dieser Fläche befinden

Arbeitsbedingungen:

  • Abstand zur Absturzkante
    • horizontaler Abstand zwischen der tragfähigen/durchtrittsicheren und der nicht tragfähigen/nicht durchtrittsicheren Fläche
    • Abstand zwischen einerseits Gerüstbelag und andererseits Gebäude, Glasflächen oder Bauteilen
  • Art und Dauer der Tätigkeit (körperlich leichte oder schwere, kurzzeitige oder langanhaltende, einmalige oder häufige Tätigkeiten)
  • Vibration, äußere Krafteinwirkungen, seh- oder gleichgewichtsbeeinflussende Einflüsse
  • Witterungseinflüsse, z. B. Sturm, Eis und starker Schneefall
  • Sichtverhältnisse/Erkennbarkeit der Absturzkante
  • Beleuchtung, Tageszeit, Blendwirkung durch helle Flächen oder Gegenlicht, Markierungen

4. Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz

(1) Bei der Festlegung von Maßnahmen zum Schutz gegen Absturz muss den technischen Schutzmaßnahmen Vorrang vor organisatorischen und diesen wiederum Vorrang vor personenbezogenen Schutzmaßnahmen eingeräumt werden. (BetrSichV § 4 Absatz 2 Satz 2).

(2) Die Schutzmaßnahmen sind entsprechend der nachstehenden Rangfolge auszuwählen:

  1. Absturzsicherungen
    Absturzsicherungen sind Schutzvorrichtungen wie z. B. Abdeckungen, Geländer oder Seitenschutz, die auftretende Kräfte aufnehmen und ableiten können.

  2. Auffangeinrichtungen
    Lassen sich aus arbeitstechnischen Gründen Absturzsicherungen nicht verwenden, müssen Schutzeinrichtungen zum Auffangen abstürzender Beschäftigter vorhanden sein. Auffangeinrichtungen sind z. B. Schutznetze, Schutzwände, Schutzgerüste, die auftretende Kräfte aufnehmen und ableiten können.

  3. Persönliche Schutzmaßnahmen gegen Absturz
    Sind aufgrund der Eigenart des Arbeitsmittels oder der durchzuführenden Arbeiten Absturzsicherungen oder Auffangeinrichtungen nicht geeignet oder nicht möglich, ist die Benutzung von persönlichen Schutzausrüstungen gegen Absturz vorzusehen. Persönliche Schutzausrüstungen gegen Absturz sind z. B. Auffanggurte, Höhensicherungsgeräte und Trägerklemmen. Die Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz ist in der Gefährdungsbeurteilung besonders zu bewerten. Gemäß BetrSichV § 4 Absatz 2 Satz 3 ist die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung für jeden Beschäftigten auf das erforderliche Minimum zu beschränken.

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist eine Bewertung der Eignung der vorgesehenen PSAgA vorzunehmen und z. B.

  • die PSAgA entsprechend den Randbedingungen am Arbeitsplatz (z. B. Kantenbeanspruchung von Verbindungsmitteln an Absturzkanten) auszuwählen,
  • geeignete Rettungskonzepte vorzuhalten, die eine schnelle und sichere Rettung (vor allem bei dem Risiko des Hängetraumas durch zu langem bewegungslosen Hängen im Auffanggurt) aufgefangener Personen sicherstellen,
  • der erforderliche Freiraum unterhalb des Standplatzes des Benutzers sicherzustellen sowie
  • für die bestimmungsgemäße Verwendung von Anschlageinrichtungen und die Tragfähigkeit der Konstruktion (z. B. Trägerklemme, horizontal gespanntes Gurtband, Dreibein, Bandschlinge) zu sorgen.

Hinweis:
Grundlegende Anforderungen an die Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen sind in der PSA-Benutzungsverordnung (PSA-BV) enthalten.