Quelle: DGUV Grundsatz 312-906 - Grundlagen zur Qualifizierung für die Sachkunde zur Beurteilung und Prüfung von PSA gegen Absturz "Befähigte Person"

DGUV Grundsatz 312-906 - Grundlagen zur Qualifizierung für die Sachkunde zur Beurteilung und Prüfung von PSA gegen Absturz "Befähigte Person"

Im Dezember 2017 wurde die DGUV-G 312 906 neu gefasst. Zulassungsvoraussetzungen, Dauer der Ausbildung und die Anforderungen zur Erlangung der spätere Prüfberechtigung wurden umfangreich verändert.

Definition

Sachkundig im Sinne dieses Grundsatzes ist eine Person, die

  • nach diesem Grundsatz qualifiziert wurde und auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung und Erfahrung, ausreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Auswahl von Persönliches Absturzschutzsystem und deren bestimmungsgemäßen Benutzung hat und
  • mit den einschlägigen staatlichen Arbeitsschutzvorschriften, dem DGUV Regelwerk oder spezifischen Regelungen der Teilbereiche wie z.B. anerkannten Lehrmeinungen der Fachverbände, sowie allgemein anerkannten Regeln
    der Technik, Normen soweit vertraut ist, dass sie den ordnungsgemäßen Zustand persönlicher Absturzschutzeinrichtungen aus einem oder mehreren Teilbereichen prüfen und beurteilen kann.

Einordnung in die Systematik

Um einen guten Zustand und damit die sichere Nutzung der eingesetzten Ausrüstung auch über einen längere Zeitraum ermöglichen zu können muss in angemessenen Abständen eine qualifizierte Prüfung erfolgen.

Der DGUV Grundsatz 312-906 ist die Grundlage der Unfallversicherungsträger, anhand von vorgegebenen Maßstäben eine für diese Aufgabe geeignete Personen gem. TRBS 1203 auszuwählen und durch entsprechende Ausbildung fachlich so zu befähigen, dass dieser den ordnungsgemäßen Zustand der Ausrüstung gem. TRBS 1201 unter Berücksichtigung der bestimmungsgemäßen Benutzung beurteilen kann.

Der erfolgreichem Abschluss der Ausbildung nach obigen Grundsatz stellt eine konkretisierte und nachweisbare Grundlage dar, den erfolgreichen Teilnehmer mit den regelmäßigen Prüfungen eingesetzter Persönlicher Absturzschutzeinrichtungen beauftragen und bestellen zu können.

Der DGUV Grundsatz findet Anwendung im Bereich der Grundlagenvermittlung zur Prüfung verschiedener Persönlicher Absturzschutzausrüstungen nimmt über eine Differenzierung in Teilbereiche eine Berücksichtigung der verschiedenen Charakteristika unterschiedlicher Arbeitsumfelder und Bereiche wahr. Der Grundsatz differenziert hierbei sowohl die geltenden Teilnahmevoraussetzungen (Präqualifikation) als auch den zeitlichen und inhaltlichen Qualifizierungsweg zur Erlangung einer sachkundigen Befähigung (Prüfberechtigung) im jeweiligen Teilbereich.

Teilbereiche

  • Anwendung Persönlicher Schutzausrüstungen gegen Absturz (Allgemein)
  • Anwendung Persönlicher Schutzausrüstung zum Retten aus Höhen und Tiefen (RA und SRHT)
  • Anwendung in Seilzugangs- und Positionierungstechniken (Industriekletterer SZP)
  • Anwendung in Seilklettertechniken (Baumkletterer SKT)
  • Anwendung von Höheninterventionstechniken (HIT)
  • Anwendung in Gerätesätzen Absturzsicherung bei der Feuerwehr und Technischen Hilfswerk (AGBF)
  • Anwendung bei Bergrettungsdiensten und der Bergwacht
  • Anwendung als Ausrüstung in ortsfesten Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen, Kletteranlagen, Nieder- und Hochseilgarten (SFA-S) und Seiltechniken in der Erlebnispädagogik (STEP)
  • Anwendung als privater Bergsteiger bzw. im Bergsport (DAV)

Dieser Grundsatz gilt nicht für die Qualifizierung von Personen, bei denen der Hersteller eine Autorisierung verlangt und/oder besondere Qualifizierungen gefordert sind, wie z.B. für die Überprüfung von einigen:

  • Höhensicherungsgeräten
  • Rettungshubgeräten
  • Abseilgeräten
  • Motorwinden für den Personentransport
  • ortsfeste Anschlageinrichtungen (z.B. auf Dächern, an Fassaden und Konstruktionen)
  • ortsfeste Sicherungspunkte (z.B. an Kletteranlagen, in Hochseilgärten und an Felsen)

Dieser Grundsatz findet keine Anwendung für die Qualifizierung von Personen zur Überprüfung von:

  • Feuerwehrhaltegurten und -leinen (siehe DGUV Grundsatz 305-002)
  • im eigenen persönlichen Besitz und Gebrauch befindlicher Ausrüstung einer qualifizierten Person im Bergsport

Zeitrahmen und Dauer der Ausbildung

Die Differenzierung in Teilbereiche ermöglicht eine flexible Gestaltung der Ausbildungsintensität im Sinne von, dass die Ausbildungszeit bei Fokussierung auf nur einen oder zwei Teilbereiche verkürzt werden kann. Die Vermittlung der theoretischen und praktischen Inhalte umfasst für einen Teilbereich aber wenigstens 24 Unterrichtseinheiten (UE) je 45 Minuten (inkl. Prüfung). Beschränkt sich die Qualifizierung nur auf einzelne Produkte bzw. Produktgruppen kann eine Reduzierung der Ausbildungsdauer vorgenommen werden.

Für die Vermittlung der praktischen Inhalte ist die Anzahl der Dozenten und Dozentinnen an die Anzahl der Teilnehmenden anzupassen. Empfohlen wird ein Verhältnis von vier Teilnehmenden zu einem Dozenten oder einer Dozentin.

Teilnahmevoraussetzungen (Präqualifizierung)

An der Qualifizierung dürfen nur solche Personen teilnehmen,

  • die mindestens das 18. Lebensjahr vollendet haben
  • die nachweislich auf Grund ihrer fachlichen Ausbildung und Erfahrungen über ausreichende praktische und theoretische Kenntnisse hinsichtlich des Einsatzes und Umganges mit Persönlichen Absturzschutzsystemen im jeweiligen Teilbereich besitzen.

Folgende Nachweise gelten z.B. als ausreichend für die Teilbereiche:

  • PSAgA/RA: Unterweisungsnachweise, Eingangstests (theoretischen und praktischen Kenntnisse können auch
    im Rahmen Qualifizierung innerhalb einer Prüfung nachgewiesen werden)
  • SRHT: Übungsnachweise (Empfehlung der AGBF – Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen)
  • SZP: mindestens Level 1 (siehe DGUV Information 212-001)
  • SKT: mindestens SKT Level B (siehe GBG 1.1)
  • Feuerwehr Ausrüstung aus aus dem Gerätesatz Absturzsicherung (Grundlehrgang nach Empfehlung AGBF)
  • Bergsteiger- und Bergsportausrüstungen (fachsportliche Ausbildung oder Bergführereignungstest)
  • Seilgärten (SFA-S) und Seiltechnik in der Erlebnispädagogik (STEP) (Qualifizierte Person im Bereich SFA-S und STEP, mindestens Retter oder höherwertige Ausbildung)
  • HIT: Nachweis Dienststelle, HIT Gruppe, Unterweisungsnachweise
  • Bergrettung (Nachweis abgeschlossene Grundausbildung (Sommer-Winter-Lehrgang))

Themen und Inhalte des Lehrgangs Sachkunde nach DGUV Grundsatz 312-906

  • Rollenverständnis, Pflichten und Verantwortung von Sachkundigen nach DGUV-G-312-906 und (TRBS 1203) im Spannungsfeld der Verantwortungsübertragung von Unternehmerpflichten
    • Betriebsinterne Prüfung
    • Betriebsexterne Prüfung
  • Übersicht über einschlägige staatliche Arbeitsschutzvorschriften, Unfallverhütungsvorschriften, BG-Regeln sowie allgemein anerkannten Regeln der Technik im Umgang mit Absturzkanten und Hängetrauma
  • Auswahl von zugelassenen Systemkomponenten und korrekte Zusammenstellung von Persönlichen Absturzschutzschutzsystemen einschließlich technischer Normenkunde nach DIN EN 363 ff.
  • Festlegung von Ablegereifen und Prüffristen
    • Gefährdungsbeurteilung als Grundlage für Inbetriebnahme, Betriebsanweisung
    • Bedeutung der Herstellerhinweise
    • Festlegung von Prüffristen
    • Festlegung von Ablegereife
    • Festlegung der Organisation von Prüfungs- und Instandhaltungsprozessen
  • Ableitung potentiell notwendiger Anwenderkompetenz des Benutzers
  • Schadenserkennung
    • Häufige Mängel an Absturzsicherungen, Persönlichen Absturzschutzsystemen, Ortsfesten Anschlageinrichtungen und PSA gegen Absturz
    • Aussonderungskriterien
  • Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der Prüfung einer Absturzsicherung
    • Ablauf und Dokumentation einer Sachkundeprüfung
    • Inventarisierung, Nummernkreise und Prüfplaketten
    • Hinweise zur optimalen Durchführung einer Sachkundeprüfung
  • Praktische Übungen und Abschlusstest
    • Theoretische Prüfung
    • Sicht- und Funktionsprüfungen
    • Schreiben eines Prüfprotokolls mit Mängelbericht

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angelegt: 18.10.2014 23:05, letzte Änderung: 21.09.2023 09:07