Systeme für seilunterstützten Zugang
Synonyme:
Industrieklettern, Fassadenklettern, Berufsklettern, Bauklettern, Seilzugangstechnik (SZT), Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP), Seilklettertechnik (SKT), Baumklettern, Rope Access, Industriekletterer, Fassadenkletterer, Berufskletterer, Baukletterer, Seilzugangstechniker (SZT), Seilzugangs- und Positionierungstechniker (SZP), Seilklettertechniker (SKT), Baumkletterer, Rope Access Technician
Definition
Seilunterstützte Zugangs- und Positionierungsverfahren sind arbeitschutzrechtlich anerkannte Verfahren der Berufskletterer, bei denen sich der Anwender planmäßig an Seilen durch angewendet Selbstblockierende Auf- und Abseiltechniken horizontal, diagonal oder vertikal an seinen Arbeitsplatz bewegt und/oder sich dort positioniert.
Einordnung in die Systematik
Das Persönliches Absturzschutzsystem nach DIN EN 363 des seilunterstützten Zugangs besteht spätestens in der Arbeitsposition aus 2 technisch unabhängigen Persönlichen Absturzschutzsystemen (Redundanz). Die Möglichkeit umgehend-gegenseitiger Rettung wird im Zugangsverfahren aufgrund der Problematik des Hängetrauma permanent mit behandelt und organisiert.
Planmäßige Einsätze von Systemen des seilunterstützten Zugangs berücksichtigen ausgehend von der Gefährdungsbeurteilung die Erfüllung der typischen Bedingungen und Unternehmerpflichten, welche zum Zwecke eines "Baufortschritts" behandelt werden müssen. Aufgrund der unterschiedlich ausgeprägten Bedingungen auf Baustellen (Bäume vs. Bauwerke) haben sich zwei unterschiedliche Zugangs- bzw. Klettertechniken weites gehend etabliert.
- Seilklettertechnik (SKT) - Baumklettern
- Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP) - Industrieklettern
Beide Techniken unterliegen überwiegend gleichen gesetzlichen Anforderungen und sind darauf ausgerichtet täglich mit langen Aufenthaltszeiten im absturz gefährdeten Bereich eingesetzt werden. Beide Techniken unterscheiden sich allerdings bezüglich Arbeitsumfeldern und Werkzeugeinsatz so deutlich, dass hinsichtlich Vorbereitung, Umsetzung bzw. eingesetzten Materials und dessen Wechselwirkungen bei einer Zusammenstellung spezielle Fähigkeit und Routine erwartet werden muss. Die Erlangung einer gesetzlich geforderten Anwenderkompetenz und die notwendigen Wiederholungstraining sind daher nur über 2 unterschiedliche Qualifizierungswege erreichbar.
Unplanmäßige Einsätze mit Systemen des seilunterstützten Zugangs berücksichtigen die besonderen Bedingungen, welche bei intervenierenden Einsatzbedingungen von institutionell-organisierten Rettungseinsätzen zur Anwendung gebracht werden. Der wesentliche Unterschied zu den planmäßigen Einsätzen ist die zu unterstellen verfügbar kurze Vorbereitungszeit (Gefahrverzug). Die Ausprägung der Zugangsverfahren verlangt bezüglich Ausbildung und Art, Form bzw. Anzahl verwendeten Bestandteile der Persönlichen Absturzschutzsysteme eine unter anderem erhöhte Notwendigkeit zur Vereinheitlichung und Standardisierung.
- Anwendung von Höheninterventionstechniken (HIT)
- Anwendung Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen (SRHT)
- Anwendung bei Bergrettungsdiensten und der Bergwacht
Gesetzliche Grundlagen
Im Europäischen Raum werden die Grundlagen durch die ISO 22846-1 und ISO 22846-2 festgelegt. Die enthaltenden Normen und Richtlinien legen ein Basis- Sicherheitsniveau fest und dienen damit einer grundlegenden Harmonisierung möglicherweise abweichend existierenden nationale Bestimmungen.
- Innerhalb Deutschlands (deutschsprachiger Raum) werden die europäischen Vorgaben in der TRBS 2121 Teil 3 konkretisiert. Die zuständigen Genossenschaften unterstützen das Zugangsverfahren mit der DGUV Information 212-001 "Arbeiten unter Verwendung von seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren" und der GBG 1.1 "Seilklettertechnik im Gartenbau". Über die Ausformulierung und Festlegung als TRBS wurde in Deutschland erreicht, dass die Anwendung von Seilunterstützten Zugangs- und Positionierungsverfahren als gleichgestelltes Arbeitsverfahren zu z.B. Leitern, Hubsteigern und Gerüsten angesehen werden kann.
Anerkennung von nationalen Zertifikaten im Ausland
International fehlen derzeit anerkannte und harmonisierte Gesetzesgrundlagen. Im weltweiten Einsatz ist es daher unumgänglich sich einem Verband anzuschließen, welcher eine möglichst sichere Anerkennung bei Entscheidungsträgern auf Auslandsbaustelle sicherstellt.
Baumklettern im Ausland
Im internationalen Einsatz als Baumkletterer empfiehlt es sich, nach dem erlernen der Seilklettertechnik (SKT) eine Weiterbildung zum European Treeworker zu absolvieren. Die European Treeworker organisieren sich im European Arboriculture Council (EAC). Das EAC ist ein Forum , in dem sich Delegierte aus verschiedenen Baumpflege-Organisationen aus ganz Europa zusammengeschlossen haben mit dem Ziel, den Qualitätsstandard zu erhöhen und den Beruf durch Förderung von Forschung und Ausbildung weiterzuentwickeln, um eine erfolgreiche Baumpflege und Verbesserung der Arbeitspraktiken von Baumkletterern zu gewährleisten. Die Ausbildung zum Europeen Treeworker genießt auch international hohen Bekanntheitsgrad und Ansehen.Industrieklettern im Ausland
Ausbildungen in der Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP) nach z.B. FISAT oder IRATA sind auch im nichteuropäischen Ausland bekannt. Beide Verbände genießen aber außerhalb ihrer entstehungsgeschichlich geographischen Grenzen eine weltweit vergleichbar hohe Anerkennung.
Die Vermischung von Industriekletterern unterschiedlicher Verbände in einem Team schließt sich auf einzelnen Baustellen manchmal aus Versicherungsgründen aus. Die Problematik entsteht hier häufig aufgrund unterschiedlicher Standardisierung zwischen den Verbänden. In Konsequenz entscheidet der Bauherr bzw. Auftraggeber und Aufsichtsführenden Höhenarbeiter der Baustelle, welcher Verbandsstandard zum Einsatz kommen soll bzw. ob eine Vermischung akzeptabel organisiert werden kann.
- ECRA
Der FISAT und Verbände weiterer Nationen sind zusätzlich in einem Dachverband, dem European Committee for Rope Access (ECRA) organisiert. Ziel ist die verbandsübergreifende Harmoniesierung bereits-etablierter Standards zur Bewältigung oben stehender Problematik für Industriekletterer im weltweiten Einsatz. Die IRATA ist bei diesem Versuch zur Anerkennung eine gegenseitigen Vergleichbarkeit für die Anwender der Seilzugangs- und Positionierungstechnik (SZP) derzeit nicht engagiert.
Links:
Fisat - Der Mythos der internationalen Anerkennung
Einsatzbereiche von Industriekletterern (SZP)
Montagen, Wartungs- und Reinigungsarbeiten, Reparaturen und Inspektionen: Das Berufsbild eines Industriekletterers ist abwechslungsreich und breit gefächert. Seilzugangstechnik ist überall dort einzusetzen, wo traditionelle Absturzsicherung als Absturzsicherung nicht geeignet oder erwünscht sind. z.B.:
Typische Einsatzorte von Industriekletterern:
- Masten und Türme
- Gebäude, Fassaden und Tragwerke
- Windenergieanlagen und Solarenergieanlagen
- Bühnenbau und Veranstaltungstechnik
- Tunnel und Stollen
Typische Arbeiten von Industriekletterern:
- Montage- und Wartungsarbeiten (Blitzschutz, Antennen, Glas- und Stahlkonstruktionen, Fassadensanierung, Schallschutz, Anstriche)
- Bauwerkssichernde Maßnahmen (Gefahrenstellenbeseitigung, Sicherung absturzgefährdeter Gebäudeteile, Materialfangnetze)
- Gebäudereinigung (Glasflächen, Fassaden, Dächer und Dachrinnen, Industrieanlagen,Siloreinigung, Graffitientfernung, Schneebeseitigung)
- Werbung (Werbeträger, Großplakate, Folien, Beleuchtung, Installationen)
- Windkraftanlagen (Inspektion, Wartung, Rotorblattservice, Kabeltrassen, Steigschutzanlagen)
- Mobilfunk- und Blitzschutzanlagen (Antennenmontage, Blitzableiter)
- Veranstaltungstechnik & Messebau (Theater, Bühnenbau, Stadiontechnik)
- Gerüstbau, Hochregalbau
- Schädlingsbekaämpfung (Montage von Systemen zur Vogelabwehr)
- Denkmalschutz (Schadensbegutachtung, Bauwerksicherung, Reinigung, Restaurierung)
- Revisionen und Schadensdokumentation
- Baumpflegemaßnahmen (Zusatzausbildung!)
- Rigging und Lastenbewegung (Zusatzausbildung!)